Jamie Oliver: Jedes Kind sollte zehn Rezepte lernen

Das Kochbuch
Das Kochbuch "Simply Jamie - Jeden Tag was Gutes" des britischen Koch, Fernsehkochs, Gastronomen sowie Kochbuchverfasser Jamie Oliver steht in seiner Firmenzentrale. Foto: Julia Kilian/dpa

LONDON: Mit seinem neuen Kochbuch will er Leuten die Angst vor dem Herd nehmen. Jamie Oliver findet, dass die deutsche Politik ihren Teil beitragen sollte - und schlägt vor, wo man anfangen kann.

Millionenfach haben sich seine Kochbücher schon verkauft, und trotzdem hat Fernsehkoch Jamie Oliver (49) noch eine Mission. Er will noch mehr Menschen zurück an den Herd bringen. Kochen gelte oft als lästige Pflicht, die einen stresse, sagt Oliver der Deutschen Presse-Agentur in London. Viele hätten es daheim oder in der Schule eben nicht mehr gelernt.

Die Idee zu seinem neuen Buch «Simply Jamie - Jeden Tag was Gutes» gehe deswegen auf ziemlich trockene, aber deprimierende Daten in seiner Heimat zurück, die besagten, dass weniger gekocht wird, als man es etwa vermuten würde, wenn man die vielen Videos im Internet sehe.

Was jedes Kind in Deutschland können sollte

Auch in Deutschland sieht Oliver Nachholbedarf. «Jedes deutsche Kind sollte zehn Rezepte lernen, bis es 16 Jahre alt ist», fordert Oliver. Kinder sollten seiner Meinung nach lernen, wo Lebensmittel herkommen, wie sie den Körper beeinflussen und man für wenig Geld gut kochen kann.

«Deutsche sind sehr vernünftig und logisch», sagt Oliver. «Und warum sollten sie da nicht wollen, dass ihre Kinder, die nächste Generation glücklicher und gesünder ist?»

Der Fernsehkoch, der mit seiner unkonventionellen Art berühmt wurde, steht in seiner Unternehmenszentrale im Londoner Stadtteil Islington. Mit seinem Karohemd und den gestylten Haaren sieht er so aus, wie man ihn sich vorstellt. Ziemlich gemütlich wirkt er und doch ernster als erwartet.

Jamie Olivers Kochtipp Nummer 1

Fragt man ihn, was er gestressten Familien empfiehlt, die nicht recht wissen, wie sie das Kochen unterbekommen sollen, dann rät er zu Routinen. Man brauche fünf oder zehn Rezepte, mit denen man sich supersicher fühle. Man könne damit Geld sparen und täglich etwas Richtiges essen statt «hoch verarbeitetes, fettes, salziges Schrottessen».

«Stellen Sie sich eine Welt vor, in der viel mehr junge Deutsche sich trauen zu kochen, und dazu ermutigt werden zu kochen», sagt Oliver. Dem jüngsten Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums zufolge gaben in einer Umfrage 45 Prozent der Befragten an, sie würden nahezu jeden Tag kochen. 37 Prozent gaben an, sie kochten zwei- bis dreimal pro Woche.

Die andere Seite von Jamie Oliver

Seit seiner ersten Show «The Naked Chef» hat Oliver TV-Sendungen moderiert, Kochbücher veröffentlicht und aus seiner unkonventionellen Art ein Geschäftsmodell gemacht. Markenzeichen: beherzt-grobes Schnippeln und viel «Woohoo!». Nicht alles ging glatt. Vor einigen Jahren meldete seine Restaurantkette in Großbritannien Insolvenz an.

In seiner Firmenzentrale holt er nun ein Kochbuch nach dem nächsten aus dem Regal, als wolle er zeigen, wie viel ihm an seinen Themen liegt. «Der Jamie, den Sie kennen, ist ein sehr glücklicher, begeisterter Typ», sagt er. Dieser Jamie hacke Zutaten, plaudere und schließe Menschen ins Herz, die Nudeln, Tofu oder Büffelmozzarella herstellten. Es gebe aber eine ernstere Seite.

Kampagnen für bessere Ernährung

Der wichtigste Teil für ihn seien jedoch seine Kampagnen. Im Interview schimpft er dann auch über die Lebensmittelindustrie, hoch verarbeitete Nahrungsmittel und die Schwierigkeiten von Gastronomiebetrieben.

Früher machte er auch mit provokanten Aktionen auf Themen aufmerksam. Als er vor laufender Kamera mal ein Huhn tötete, um über Schlachtbedingungen zu sprechen, hielten sich Zuschauer vor Entsetzen die Hände vor den Mund.

Oliver hat mit seiner Frau Jools selbst fünf Kinder. Hat er nicht auch mal Tage, an denen er keine Lust darauf hat, am Herd zu stehen? «Sehr selten», antwortet Oliver. «Denn selbst wenn ich wirklich, wirklich erschöpft bin oder sogar ein bisschen traurig, würde ich die einfache Zubereitung von Essen noch immer nutzen, um mich besser zu fühlen.»

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Laddawan Sukkon 09.12.24 12:40
Zu faul, zu bequem = unfähig
Die Anzahl derjenigen in den jüngeren Generationen, welche nicht (mehr) kochen können, steigt. Früher ging man nie so oft ins Wirtshaus, über-die-Gasse gabs eigentlich auch nicht und somit wurde zu Hause gekocht.

Aber lobenswert für Jamie Oliver ist die Übung allemal; er verdient was, Eltern/Onkel und Grosseltern sind der Meinung, etwas Gescheiteres zu verschenken - Frage ist nur, wie die Jungmannschaft darauf reagiert.

Wenn dies auf Kindergarten/unteren Primarklassenniveau anfängt, dann besteht eine reale Chance; ein Smartphone bewaffneter Teenager interessiert es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht - leider.