Island reagiert gelassen auf Vulkanausbruch nahe Reykjavik

Ein Mann macht am Vulkan Fagradalsfjall Aufnahmen von ausgetretener Lava mit seinem Smartphone. Foto: Marco Di Marco
Ein Mann macht am Vulkan Fagradalsfjall Aufnahmen von ausgetretener Lava mit seinem Smartphone. Foto: Marco Di Marco

REYKJAVIK: In der Nähe der Hauptstadt dringt unentwegt Lava aus der Erde, doch die Isländerinnen und Isländer bleiben ruhig. Statt vor dem erneuten Vulkanausbruch das Weite zu suchen, machen sich einige gar in die umgekehrte Richtung auf - hin zum Eruptionsort.

Nach einem Vulkanausbruch auf Island sprudeln und spritzen südwestlich von Reykjavik weiterhin Lavamassen aus einer Hunderte Meter langen Erdspalte. Live-Aufnahmen isländischer Medien zeigten am Donnerstag, wie glutrote Lava auf der Reykjanes-Halbinsel ununterbrochen aus dem Boden strömte. Davon stieg weißer Rauch auf, während das Gestein drumherum dann eine teils fließende, teils erstarrte gräuliche Masse bildete.

Zu Beunruhigung führte all das nicht - im Gegenteil: Manche Interessierte machten sich bereits in das kaum besiedelte Gebiet auf, um vor Ort einen Blick auf das Naturschauspiel werfen zu können. Auch die isländische Regierung blieb gelassen. Sie sprach von einem «relativ kleinen» Vulkanausbruch.

«Wir haben seit dem Beginn einer Serie von Erdbeben am vergangenen Wochenende irgendwo in dieser Gegend mit einem Ausbruch gerechnet», erklärte Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir. «Was wir bislang wissen, ist, dass der Ausbruch kein Risiko für besiedelte Gebiete oder kritische Infrastruktur darstellt.» Flugstörungen habe es bislang nicht gegeben, ergänzte die Regierung - offenbar auch mit Blick auf den großen Ausbruch am Vulkangletscher Eyjafjallajökull, der im Jahr 2010 über Tage den internationalen Flugverkehr ins große Chaos gestürzt hatte.

Der Vulkanausbruch hatte am Mittwochnachmittag in einem Tal nahe dem Berg Fagradalsfjall begonnen. Ganz in der Nähe war es im vergangenen Jahr schon einmal zu einer solchen Eruption gekommen. Normalerweise stellt man sich einen solchen Ausbruch so vor, dass an der Spitze eines kegelförmigen Vulkans Lava in die Luft schießt - nicht so auf der Reykjanes-Halbinsel: Vielmehr strömt das flüssige Gestein dort aus einem länglichen, derzeit etwa 300 Meter langen Erdspalt. Ersten Messungen zufolge drang in den Anfangsstunden erheblich mehr Lava aus der Erde als zu Beginn des Ausbruchs 2021.

Wissenschaftler hatten wegen der am Samstag begonnenen Erdbebenserie und damit verbundenen unterirdischen Magmabewegungen mit einer bevorstehenden Eruption gerechnet. Auch nach der Eruption wurden Hunderte Beben registriert, allerdings weniger und auch weniger starke als zuvor, wie die isländische Wetterbehörde schrieb.

Unklar bleibt, wie lange der Ausbruch anhält. Die Eruption im Vorjahr hatte knapp ein halbes Jahr lang immer wieder Lavafontänen in die Höhe schnellen lassen. Das Naturspektakel hatte viele Vulkanologen, Wanderer und Reisende angezogen.

Auch diesmal machten sich erste Interessierte in die Gegend auf, die sich nur gut 30 Kilometer südwestlich von Reykjavik befindet. Tausende Menschen sollen Berichten zufolge bereits dorthin gefahren sein. Ein Hubschrauberpilot sagte dem Rundfunksender RÚV, dass die Zahl der Anfragen nach Helikopter-Touren massiv in die Höhe geschnellt sei. Bislang ist der Luftraum über dem Vulkan aber noch gesperrt.

Die Behörden warnten potenzielle Wanderer vor der Gasentwicklung in dem Gebiet. Auch die Regierung riet aus diesem Grund von einem Besuch des Ausbruchsortes ab. Die Polizei wies zudem auf die viele Kilometer lange Strecke zur Lava hin: Das sei nur etwas für erfahrene Wanderer, sagte Islands oberster Polizist Vídir Reynisson laut Sender RÚV.

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