Erwartungen am G20-Gipfel - Darum geht es

Das G20-Gipfeltreffen in Riad zeigt ein virtuelles Familienfoto der G20-Führer, das auf die Wände des At-Turaif-Distrikts in Ad-Diriyah projiziert wurde. Foto: epa/G20 Riyadh Gipfeltreffen
Das G20-Gipfeltreffen in Riad zeigt ein virtuelles Familienfoto der G20-Führer, das auf die Wände des At-Turaif-Distrikts in Ad-Diriyah projiziert wurde. Foto: epa/G20 Riyadh Gipfeltreffen

Trumps letzte Show auf internationalem Parkett?

RIAD: Globaler kann eine Krise kaum sein. Die Corona-Pandemie hat fast jedes Land der Erde getroffen. Mit einer globalen Antwort tut sich die Welt aber schwer. Der G20-Gipfel ist ein Versuch, das zu ändern. Der Erfolg hängt auch von einem ab, der bereits abgewählt ist.

Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist das zentrale Thema des G20-Gipfels führender Wirtschaftsmächte, der am Samstag als Videokonferenz unter Leitung Saudi-Arabiens beginnt. An den zweitägigen Beratungen werden Bundeskanzlerin Angela Merkel, der chinesische Staatschefs Xi Jinping, Russlands Präsident Wladimir Putin und voraussichtlich ein letztes Mal auch Donald Trump teilnehmen. Dem abgewählten, aber noch bis zum 20. Januar amtierenden US-Präsidenten wird bei der zweitägigen Konferenz eine Schlüsselrolle zukommen. Er gilt nicht nur bei der Eindämmung der Pandemie, sondern auch beim zweiten Topthema des Gipfels als Bremser: beim Kampf gegen die globale Erderwärmung.

Eigentlich sollte der Gipfel ein Großereignis mit Tausenden Gästen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad werden. Die Corona-Pandemie machte dem Königshaus einen Strich durch die Rechnung. Jetzt konferieren die Staats- und Regierungschefs insgesamt nur etwa sechs Stunden per Video. Die sonst so wichtigen Gespräche unter vier Augen oder in kleinem Kreis am Rande fallen weg.

Trotzdem gibt es einige Erwartungen an die G20, vor allem was Corona angeht. Darum geht es:

PANDEMIEBEKÄMPFUNG

Pünktlich zum Gipfel hat es eine Reihe ermutigender Nachrichten zur Zulassung von Corona-Impfstoffen gegeben. Kanzlerin Merkel hofft, dass es schon im Dezember oder kurz nach dem Jahreswechsel so weit sein könnte. Beim Gipfel wird es unter anderem darum gehen, wie dann die Verteilung gestaltet wird. UN-Generalsekretär António Guterres machte sich am Freitag noch einmal für die internationale Initiative Covax stark, die Impfstoffe für alle Menschen erhältlich und erschwinglich machen soll. «Ich bitte alle G20-Mitglieder dringend, Mitglieder von Covax zu werden», sagte er. Ähnlich äußerte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD): «Notwendig ist, dass alle G20-Staaten sich daran beteiligen.»

Der Covax-Initiative haben sich bereits mehr als 150 Länder angeschlossen, darunter auch China, nicht aber die USA. Deutschland hat bereits 100 Millionen Euro beigesteuert. Aus der deutschen Delegation verlautete aber, dass es auf dem G20-Gipfel keine weiteren finanziellen Zusagen geben werde. Bis Ende 2021 werden für Covax elf Milliarden US-Dollar benötigt.

SCHULDENERLEICHTERUNG FÜR ARME LÄNDER

Die Europäische Union will sich bei dem Gipfel für weitere Schuldenerleichterungen für die ärmsten Länder der Welt starkmachen. «Wir sind davon überzeugt, dass mehr Schuldenerleichterungen erforderlich sind», sagte EU-Ratspräsident Charles Michel vor dem Gipfel. Damit sollen die Folgen der Corona-Pandemie abgefedert werden. Die Entwicklungsorganisationen One und Oxfam wiesen vor dem Gipfel darauf hin, dass mehr als 200 Millionen Menschen durch die Corona-Krise zusätzlich in extreme Armut abzurutschen drohten.

Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 hatten bei ihrem virtuellen Treffen im Oktober 2020 die Verlängerung des Schuldenmoratoriums bis Juni 2021 beschlossen. Eine Entscheidung über eine weitere Verlängerung soll spätestens um Frühjahr fallen.

KLIMASCHUTZ

Mit diesem Thema hat sich die G20 in den vergangenen Jahren besonders schwer getan. Der Grund war der Ausstieg von US-Präsident Trump aus dem Pariser UN-Klimaabkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen. Das Thema machte aus der G20 eine G19 plus 1. Es ist nicht zu erwarten, dass Trump seine Haltung bei seinem wohl letzten Gipfel in irgendeiner Weise ändert. Große Fortschritte sind hier also eher nicht zu erwarten.

MENSCHENRECHTE

Dann gibt es noch ein Thema, das bei dem Gipfel präsent sein wird, über das man aber wohl kaum reden wird: Die Menschenrechtslage im Gastgeberland Saudi-Arabien. Das Königreich steht unter anderem wegen des Mords an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Generalkonsulat, wegen der Todesstrafe, der Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Inhaftierung von Aktivisten massiv in der Kritik. Bundestagsabgeordnete von Grünen, FDP, Linken, aber auch aus der Regierungspartei SPD haben Merkel vor dem Gipfel aufgefordert, hierzu eine klare Ansage zu machen. In der großen Runde wird es aber wohl kaum dazu kommen. Aus der deutschen Delegation hieß es, dass es andere Möglichkeiten gebe, dieses Thema anzusprechen.


Trump verlässt G20-Gipfel vorzeitig und fährt zum Golfplatz

RIAD/WASHINGTON: Der amtierende US-Präsident Donald Trump hat das Gipfeltreffen der G20-Staaten vorzeitig verlassen und ist zu einem seiner Golfplätze gefahren. Nach weniger als zwei Stunden in der Videoschalte der Staats- und Regierungschefs verließ Trump das Weiße Haus am Samstagmorgen (Ortszeit), um zu seinem Golfclub im nahen Bundesstaat Virginia zu fahren, wie mitreisende Journalisten berichteten. Fotos zeigten Trump wenig später in einem roten Blouson und einer weißen Kappe beim Golfen. Sein offenbar mäßiges Interesse an dem Gipfel ließ sich auch daran erkennen, dass er während der Schalte bei Twitter mehrere Nachrichten zu anderen Themen absetze.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ließ Trump sich zeitweise von Finanzminister Steven Mnuchin und seinem Wirtschaftsberater Larry Kudlow vertreten. Bei bisherigen G20-Gipfeln sprangen Finanzminister häufiger für ihre Chefs ein, zum Beispiel wenn diese parallel zu den Sitzungen bilaterale Gespräche führten.

Wenn Trump am Wochenende in Washington ist, macht er häufig Tagesausflüge zu seinem Golfclub in Sterling am Fluss Potomac. Trump wollte nach dem Terminkalender des Weißen Hauses am Sonntag wieder an der G20-Videoschalte teilnehmen.

Parallel zum Auftakt des Gipfels meldete sich Trump mit mehreren Tweets zum angeblichen Wahlbetrug in den USA zu Wort. Er schrieb unter anderem über den «massiven und beispiellosen Wahlbetrug». Twitter verpasste den Nachrichten umgehend Warnhinweise, wonach es sich dabei um «umstrittene» Behauptungen handelte. Trump hat bislang keine stichhaltigen Beweise für seine Vorwürfe vorgelegt und in der Sache bereits mehrere Prozesse verloren.

Trump schrieb auf Twitter unter anderem, dass es seinem Sohn Donald Trump Junior «sehr gut» gehe. Dieser hat sich Medienberichten zufolge mit dem Coronavirus infiziert. Er soll nach Angaben vom Freitag allerdings bislang keine Symptome haben.

Das vom Gastgeber Saudi-Arabien ausgerichtete zweitägige G20-Gipfeltreffen endet am Sonntag. Gemeinsam repräsentieren die Mitglieder der G20 mehr als 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung.


Merkel wirbt bei G20 für Impfstoff-Initiative Covax und WHO

RIAD/BERLIN: Kanzlerin Angela Merkel hat beim G20-Gipfel für die Unterstützung der internationalen Impfstoff-Initiative Covax und eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen Corona geworben. «Wenn wir weltweit zusammenstehen, können wir das Virus und seine Folgen beherrschen und überwinden. Dafür lohnt sich auch mehr Anstrengung», sagte die CDU-Politikerin am Samstag in einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft beim virtuellen Gipfel führender Wirtschaftsmächte unter Leitung Saudi-Arabiens.

Eine globale Herausforderung wie die Corona-Pandemie könne «nur mit einer globalen Kraftanstrengung überwunden werden», sagte Merkel, die im Kanzleramt in Berlin gemeinsam mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zu den Beratungen geschaltet war. Dabei komme der G20 eine besondere Verantwortung zu. Die Äußerungen Merkels konnten auch als Spitze gegen US-Präsident Donald Trump verstanden werden, der eine protektionistische Politik des «Amerika zuerst» vertritt und internationalen Organisationen ablehnend gegenübersteht.

Die Kanzlerin rief die G20-Partner ausdrücklich zur finanziellen Unterstützung der Covax-Initiative auf. Um die Corona-Pandemie einzudämmen, müsse der Zugang zur Impfung für jedes Land möglich und bezahlbar sein. «Dazu reichen die bisher zugesagten Mittel noch nicht aus. Daher bitte ich Sie alle, diese wichtige Initiative zu unterstützen», sagte Merkel. «Diese kurzfristige Hilfe ist in unser aller Interesse.» Ziel der Initiative sei es, bis Ende kommenden Jahres 2 Milliarden Impfdosen zu verteilen.

Knapp 5 Milliarden US-Dollar (rund 4,2Mrd Euro) seien für Covax schon zusammengekommen, sagte Merkel. Deutschland beteilige sich daran mit über einer halben Milliarde Euro. Bis Ende 2021 werden für die Initiative insgesamt elf Milliarden US-Dollar benötigt. An ihr beteiligen sich etwa 170 der weltweit rund 200 Länder, darunter auch China, aber nicht die USA.

Die Kanzlerin betonte, im Interesse aller G20-Mitglieder sei es auch, langfristig die globale Pandemie-Vorsorge zu verbessern. Dazu müsse die WHO nachhaltig gestärkt werden. «Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung, bessere Zusammenarbeit, mehr Unabhängigkeit», forderte Merkel. Dabei könnten die G20 unverzichtbare Unterstützung bieten.

Die USA haben ihren Austritt aus der WHO eingereicht, er wird im Juli 2021 wirksam. Trump warf der Organisation vor, zu spät über die Gefahr des Coronavirus informiert zu haben und unter der Kontrolle der chinesischen Regierung zu stehen. Er macht die WHO mitverantwortlich für die hohe Zahl der Corona-Toten.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
TheO Swisshai 21.11.20 21:52
Trumps letzter Auftritt bei Mister Bone Saw
Ausgerechnet bei seinem guten Freund und besten Geschäftspartner Saudis Kronprinz MBS !

Mir wird schlecht wenn ich daran denke, dass alle G20 Teilnehmer genau wissen wer den bestialischen Mord am Journalisten Jamal Khashoggi veranlasst hat und alle tun so als wär nichts gewesen.

Natürlich sind Menschenrechte für Saudi Arabien kein Thema. Die wissen gar nicht was das ist!