Erst werden einmal alle Bäume entfernt…

Auf dem Nachbargrundstück entsteht eine neue Siedlung, das bringt uns viel Ungemach

Am Ende sieht die Aussicht wieder ganz passabel aus, Vordergrund macht bekanntlich Bild gesund… Fotos: hf
Am Ende sieht die Aussicht wieder ganz passabel aus, Vordergrund macht bekanntlich Bild gesund… Fotos: hf

Ein Schaufelbagger und ein Traktor sind in den frühen Morgenstunden auf dem Nachbargrundstück eingefahren und beginnen um punkt acht Uhr ihr zerstörerisches Werk. Am Abend ist kein Strauch und kein Baum mehr übrig, ein staubiges Brachland ist entstanden, gleich neben unserer Terrasse...

Schon vor etwa zwei Monaten hat sich die ganze Schose angekündigt: Das Landamt kam mit dem Besitzer des 3-Rai-Grundstücks (eine Thai-Immobilienfirma) und hat alles neu vermessen, die Maßsteine gesucht und (wenn die alten nicht auffindbar waren) neue gesetzt. Eine Weile sah es ganz so aus, als wenn das Dach unseres Hauses womöglich etwa einen halben Meter über fremdes Land ragen würde… Das wäre freilich teuer geworden, aber war zum Glück – nach genauer Prüfung – nicht der Fall.

So sah das Ganze ohne Pflanzen aus.
So sah das Ganze ohne Pflanzen aus.

Jedes Gewächs wird zerstört, geräumt

Es ist immer wieder faszinierend diesen großen Schaufelbaggern bei ihrer destruktiven Arbeit zuzuschauen. Die kni­cken meterhohe Palmen wie Zündholzer, sind enorm effizient. Schon sind alle Gewächse, die als Blickfang unseren Nachbarn vor unseren Augen, unserer Neugierde schützten weg: Kein wertvolles Holz, aber sehr nützlich auch für das Mikroklima, Habitat für kleinere und größeres Getier.

Über die Jahre sind viele Schlingpflanzen heraufgewachsen zu den Pflanzen neben unserer erhöhten Terrasse. Da kommt uns der Schaufelbagger, der alles entfernen soll, schon unangenehm nahe. Hoffentlich beschädigt er unsere Mauer nicht! Besonders gefährlich: Da hängen alte Kabel von uns herunter. Wahrscheinlich von einer alten, längst überflüssigen Sattelitenschüssel, aber ganz sicher sind wir nicht. Sowohl der Baggerführer als auch der Traktorfahrer sind sehr freundlich, sehr kooperativ, fast rücksichtsvoll, und auch der Vorarbeiter erkundigt sich mehrmals, ob alles OK sei? Das ist schon mal recht ungewöhnlich für Thailand.

Viel Material haben wir angeschleppt.
Viel Material haben wir angeschleppt.

Natürlich habe ich keine Freude am Bau dieser Siedlung. Viel Lärm und viel Staub entstehen, aber machen kann man eben nichts, und die Burschen sind wenigsten relativ rücksichtsvoll.

Eine grüne Mauer von Topfpflanzen

Neue Maßsteine sind nun schon gesetzt.
Neue Maßsteine sind nun schon gesetzt.

Nachdem sie ihre Arbeit erledigt haben, ziehen die Bauleute ab, jetzt kommen die Landvermesser erneut. Sie setzen die Maßsteine der neuen Plots in diesem großen, staubigen Grundstück. Da meine Aussicht auf diese Baustelle eher deprimierend ist, beschließe ich dagegen eine grüne Mauer aus Topfpflanzen zu kreieren. Auf dem Pflanzenmarkt in Nord-Pattaya kaufe ich ein gutes Dutzend riesige Töpfe. Der Thai-Gärtner füllt sie mit einem Gemisch aus verbrannter Reisspreu, gemahlene Kokosnussschale und weiterem organischem Material, diese Mischung hat sich auch in der Vergangenheit bewährt.

Als Pflanzen wähle ich einen bunten Mix aus unserem Garten, etwa Goldenen Bambus, Stachelbeer-Guaven, Chinesische Oliven und Lippenstift-Büsche. Aber auch

großblätterige Gewächse, deren Namen ich nicht weiß, kommen hierher, sowie Schwiegermutter-Zungen, die völlig anspruchslos sowohl am Schatten als auch der Sonne wachsen.

Am Ende des Tages steht meine grüne Mauer, sie weist zwar noch einige Lücken auf, aber das Problem ist deutlich entschärft. In wenigstens sechs Monaten werden alle Pflanzen gewachsen sein. Dann wird man sich vielleicht kaum mehr erinnern, dass da mal ein Problem war.

Wir sollten nun einfach nicht vergessen, unsere neuen Pflanzen auch gehörig zu gießen…


Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an oder besuchen Sie die Dicovery Garden Webseite oder Facebook. Für unterhaltsame und interessante Gartengeschichten in Bild und Ton besuchen Sie Hans Fritschis YouTube-Kanal – Teilen, Liken & Abonnieren erwünscht!

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