Proteste gegen Bolsonaro in Italien

Dorftrip statt Glasgow-Reise 

Italiens Polizei geht gegen Demonstranten vor, die den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro am Betreten der Basilika des Heiligen in Padua hindern wollen. Foto: epa/Nicola Fossella
Italiens Polizei geht gegen Demonstranten vor, die den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro am Betreten der Basilika des Heiligen in Padua hindern wollen. Foto: epa/Nicola Fossella

ANGUILLARA VENETA: Während Staats- und Regierungschefs beim COP26-Auftakt in Glasgow über die Klimakrise debattierten, hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro den Tag für einen Trip in ein Dorf in Norditalien genutzt. Dort wurde er am Montag als Ehrenbürger ausgezeichnet. «Ich bin glücklich und berührt, hier zu sein», sagte der 66-Jährige nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Ansa in Anguillara Veneta. Aus dem Ort nahe Padua wanderten Bolsonaros Vorfahren einst nach Südamerika aus.

Auf Videoaufnahmen aus Padua war zu sehen, wie der brasilianische Präsident bei seiner Ankunft von einigen jubelnden Menschen empfangen wurde. Er gönnte sich dabei - ohne Maske - auch ein kurzes Bad in der Menge. Es gab aber auch Proteste gegen ihn: Nach Behördenangaben organisierten rund 200 Demonstranten eine Kundgebung vor dem Rathaus von Anguillara. Deshalb hatte Bolsonaro Ansa zufolge den Tagesablauf geändert und den Besuch im Rathaus gestrichen.

In Padua protestierten einige Hundert Menschen gegen den Brasilianer. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Polizisten setzten einen Wasserwerfer und Schlagstöcke gegen Demonstranten ein, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Aus der Menge wurden Gegenstände in Richtung der Beamten geworfen. Am Dienstag wollte Bolsonaro den Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, treffen.

Bereits am Rande des G20-Gipfels in Rom am Sonntag sollen Sicherheitskräfte zum Schutz Bolsonaros nach Medienberichten gewaltsam gegen Journalisten vorgegangen sein. Beispielsweise sei ein brasilianischer Fernsehreporter in den Bauch geschlagen und gestoßen worden, berichtete die Zeitung «O Globo». Zuvor habe der Reporter den Präsidenten während eines Spaziergangs durch die italienische Hauptstadt gefragt, warum er bei Veranstaltungen mit anderen Staats- und Regierungschefs gefehlt habe.

Brasilien gilt als ein zentraler Akteur im Kampf gegen den Klimawandel. Sein Anteil am Amazonasgebiet, einem wichtigen Speicher des klimaschädlichen Treibhausgases CO2, ist flächenmäßig so groß wie Westeuropa. Bolsonaro sieht das Gebiet indes als ungenutztes wirtschaftliches Potenzial. Jüngst versprach seine Regierung Maßnahmen zum Erhalt des Amazonasgebiets. Die illegale Regenwald-Abholzung soll aber erst 2027 oder 2028 beendet werden. In Glasgow kündigte Brasiliens Umweltminister Joaquim Leite derweil mit 50 Prozent (statt 43 Prozent) weniger Emissionen bis 2030 ein neues Klimaziel auf dem Weg zur 2050 geplanten Kohlenstoffneutralität an.

Bei der Eröffnung des Klimagipfels hielt noch eine weitere Brasilianerin eine Rede. «Verteidiger der Erde sind ermordet worden, weil sie das Land geschützt haben», sagte die indigene Aktivistin Txai Suruí (24) mit Blick auf den riskanten Einsatz von Umweltschützern für die Natur in Brasilien. «Die indigenen Völker stehen an vorderster Front der Klimakrise, und wir müssen bei den Entscheidungen, die hier getroffen werden, im Mittelpunkt stehen.»

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