China warnt vor «neuem Kalten Krieg» mit USA

​«Politisches Virus»

Der chinesische Außenminister Wang Yi ist auf einem Bildschirm zu sehen, wie er während einer Online-Pressekonferenz in Peking mit Reportern spricht. Foto: epa/Roman Pilipey
Der chinesische Außenminister Wang Yi ist auf einem Bildschirm zu sehen, wie er während einer Online-Pressekonferenz in Peking mit Reportern spricht. Foto: epa/Roman Pilipey

PEKING: Aus den USA hagelt es Vorwürfe wegen Chinas Umgang mit dem Ausbruch des neuen Coronavirus. Außenminister Wang Yi spricht von «Lügen» und «Verschwörung» - und warnt vor einer gefährlichen Konfrontation.

China hat vor einem «neuen Kalten Krieg» mit den USA gewarnt. In der Pandemie mit dem neuen Coronavirus verbreite sich auch noch ein «politisches Virus» in den USA, jede Gelegenheit zu ergreifen, «China anzugreifen und zu verunglimpfen», sagte der chinesische Außenminister Wang Yi am Sonntag auf einer Pressekonferenz am Rande der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking. Der Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 war zuerst in China aufgetreten und hat sich inzwischen in der ganzen Welt verbreitet.

«Einige politische Kräfte in den USA nehmen die Beziehungen zwischen China und den USA als Geisel und drängen das Verhältnis an den Rand eines neuen Kalten Krieges», sagte Wang Yi. «Das ist gefährlich und gefährdet den Weltfrieden.» Die Liste der «Lügen und Verschwörungstheorien» in den USA gegen China werde immer länger.

Die Lungenkrankheit Covid-19 habe die Welt überrascht. China sei wie andere Länder selbst ein «Opfer», sagte der Außenminister. Es habe umgehend und verantwortlich auf den Sars-CoV-2-Erreger reagiert und schnell Informationen geteilt. Auch sei das Genmaterial des Virus entschlüsselt und rasch anderen Ländern zur Verfügung gestellt worden, sagte Wang Yi. Er wies damit Vorwürfe zurück, dass China die Epidemie anfangs vertuscht, zu langsam reagiert und international zu wenig kooperiert habe.

Auf Forderungen nach einer internationalen Untersuchung sagte Wang Yi, der Ursprung des Virus müsse von Wissenschaftlern und medizinischen Experten erforscht werden. China stehe einer solchen Untersuchung der wissenschaftlichen Gemeinschaft «offen» gegenüber. Sie dürfe aber nicht politisiert werden, sondern müsse professionell und unter Führung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erfolgen. Auch müsse die Untersuchung «unparteiisch» sein.

Wang Yi wies Schuldvorwürfe wegen Chinas Umgang mit dem Ausbruch des neuen Coronavirus scharf zurück. Gerichtliche Klagen in den USA und Forderungen nach etwaiger Entschädigung durch China seien irrwitzig und fußten weder auf Fakten noch auf Rechtsgrundlagen oder internationalen Präzedenzfällen.

Die USA und China trügen große Verantwortung für Frieden und Entwicklung in der Welt, sagte Wang Yi. Beide Seiten sollten auch im Kampf gegen die Lungenkrankheit Covid-19 zusammenarbeiten. China und die USA könnten von Kooperation nur profitieren, bei Konfrontation aber nur verlieren. China werde aber seine Souveränität, territoriale Integrität und sein Recht auf Entwicklung verteidigen.

Unter Hinweis auf amerikanische Politiker, die von einem «chinesischen Virus» sprechen, sagte Wang Yi, mit einer solchen geografischen Bezeichnung werde China «stigmatisiert». Die wissenschaftliche Untersuchung dürfe nicht «unter der Annahme von Schuld» erfolgen. Auch müsse sie sich auf alle Länder erstrecken. Die Rolle der WHO dürfe dabei auch nicht untergraben werden, sagte Wang Yi. Sie habe in der Corona-Krise «gute Arbeit geleistet».

US-Präsident Donald Trump hatte die WHO als zu chinafreundlich angegriffen und droht ihr damit, die finanzielle Unterstützung langfristig zu streichen. Ohne direkt auf die hohe Zahl der Opfer der Pandemie in den USA einzugehen, sagte Chinas Außenminister, jene, die nicht auf den Rat der WHO hörten, «zahlen einen hohen Preis».

Zu Beginn der Pressekonferenz hatte Wang Yi noch sein «tiefes Mitleid» dafür ausgedrückt, was die USA in der Pandemie durchzumachen hätten. Das Virus kenne keine Grenzen und sei eine Herausforderung für alle Völker.

«Politische Manipulation wird dem Virus Schlupflöcher bieten», sagte Wang Yi. «Ein Vorgehen, seinen Nachbarn arm zu machen, wird uns alle noch verletzlicher machen. Die Wissenschaft zurückzuweisen, wird dem Virus erlauben, noch größeren Schaden anzurichten.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Jürgen Schmidt 29.05.20 14:41
China warnt vor kaltem Krieg mit USA
@Thomas Sylten
Vielleicht haben Sie ja im ZDF die Reportage "Inside China" gesehen!? Aber wahrscheinlich ist für Sie als Chinafreund das auch nur einseitiger Journalismus. Mir tun die Millionen unterdrückten Chinesen leid. Die ganze Welt knickt ein wegen der wirtschaftlichen Beziehungen. Ich bin heute noch dankbar für die französische Revolution und Immanuel Kant. Egalite, Liberte, Fratternite. Damit lasse ich es jetzt auch gut sein, Sie brauchen mir darauf auch nicht zu antworten. Ich bin bei meinen Thailaendischen Freunden, die bis jetzt noch nie fremdregiert waren und sich Gott sei es gedankt niemals einer fremden Macht gebeugt haben
Jürgen Franke 26.05.20 19:59
China ist doch der beste Beweis dafür,
dass sich ein Land ohne Opposition, ganz bequem regieren läßt. Alle Länder, einschließlich die BRD habe jetzt diese Form der Regierung implementiert.
Thomas Sylten 26.05.20 19:56
@Jürgen: Niemand lobhudelt das chinesische Regime - aber man muss bei Schuldzuweisungen fair bleiben, will man glaubwürdig sein. Und Selbstkritik hilft weit mehr als Säbelrasseln: Wenn der Westen politisch ins Hintertreffen gerät, ist das nicht Chinas Schuld, sondern unsere. Wir müssen eben wieder die attraktivere Politik machen - und die macht man nicht mit Bombern, sondern eher mit Rosinenbombern (wie schon einmal sehr erfolgreich bewiesen).. :)
Thomas Sylten 26.05.20 15:42
@Jürgen: ja, anfänglich wurden Fehler gemacht, und zwar von allen. Am aller anfänglichsten aber war China - und die haben halt auch anfangs Fehler gemacht, z.B. versucht zu Vertuschen, vermutlich weil sie da noch glaubten das kriegen sie hin. Später, als klar war dass dieses Virus viral geht, haben sie sich relativ schnell neu orientiert und definitiv gewarnt - nur haben gewisse Genies das zunächst nicht ernst genommen. Schlimm, aber nicht NUR den Chinesen anzulasten, zumindest nicht die weitere Entwicklung, wo sie sogar mehr als die westliche Führungsmacht schnell internationale Hilfe organisiert haben. Wie gesagt glaube ich gern dass auch dabei propagandistische Überlegungen mitspielten - aber wie sehr hätte ich mir ähnliche Propaganda vom Westen gewünscht. Apropos: Wird das deutsche Hilfsangebot der Krankenhausbetten auch so selbstverständlich unter Propaganda subsummiert ? Doch eher nicht - und da sieht man wessen "Propaganda" tatsächlich verfängt..
Jürgen Schmidt 26.05.20 15:41
China warnt vor kaltem Krieg mit USA
Das Amerika Trumps ist mit Sicherheit nicht nach meinem Geschmack. Aber wir sollten uns immer daran erinnern, dass es "the land of the free" ist obwohl auch die Staaten eine entsprechende Vergangenheit hat. Ich, für meinen Teil möchte nicht in einem Land ohne Presse und Meinungsfreiheit leben. Anstatt dem Regime in China zu lobhude wäre es ehrlicher die Opposition zu unterstützen. Wir sehen ja was seit Jahren mit Hongkong und Taiwan passiert. Wer das chinesische Vorgehen dort verteidigt macht sich mitschuldig
Thomas Sylten 26.05.20 14:12
Auch wenn man chinesische Äußerungen sicher immer unter Propagandagesichtspunkten bewerten muss, kann ich deren Aussagen zumindest immer folgen. Amerikanische Aussagen hingegen hören sich auch dann immer falsch an, wenn man doch erwarten könnte dass auch sie Propaganda machen wollen - wird aber regelmäßig zum nicht nachvollziehbaren Eigentor. Insoweit sind es tatsächlich die Amis, denen ich in puncto Frieden am Wenigsten über den Weg traue.
Jürgen Schmidt 26.05.20 13:30
China warnt vor kaltem Krieg mit USA
Zu den Vorwürfen hat die kommunistische Regierung in China selbst massiv beigetragen. Es ist doch definitiv belegt, daß die politische Führung Chinas anfänglich versucht hat das Problem zu vertuschen. Warnende Ärzte würden mundtot gemacht. Erst als es nicht mehr vertuscht werden konnte wurde die Öffentlichkeit informiert. Der 34-jährige Arzt Li Wenliang der frühzeitig warnte ist dann angeblich selbst an dem Virus gestorben. Wann lernt die freie Welt endlich, dass China immer noch eine Diktatur ist.