Präsident Bolsonaro räumt Niederlage nicht explizit ein

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro trifft ein, um vor den Medien über die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen zu sprechen. Foto: epa/Joedson Alves
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro trifft ein, um vor den Medien über die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen zu sprechen. Foto: epa/Joedson Alves

BRASÍLIA: Der abgewählte Staatschef findet noch immer keine klaren Worte, aber zumindest seine Verbündeten erkennen Lulas Sieg mittlerweile an. Bolsonaros radikale Anhänger hingegen wollen das nicht hinnehmen und blockieren zahlreiche Fernstraßen. Es drohen Versorgungsengpässe.

Drei Tage nach der Wahl in Brasilien hat Vizepräsident Hamilton Mourão die Niederlage von Staatschef Jair Bolsonaro eingeräumt. «Es hat keinen Sinn mehr zu jammern, wir haben das Spiel verloren. Es gibt nichts zu beanstanden», sagte der ehemalige General in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Zeitung «O Globo». Er sei nicht der Ansicht, dass es bei der Wahl zu Betrug gekommen sei. Zuvor hatten bereits wichtige Verbündete Bolsonaros, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, dessen Niederlage anerkannt.

Brasiliens rechter Staatschef war bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag seinem linken Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva knapp unterlegen. Ex-Präsident Lula erhielt 50,9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro kam auf 49,1 Prozent. In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit der Wahl räumte er am Dienstag weder seine Niederlage ein, noch gratulierte er Lula zum Sieg. Stattdessen streute er erneut Zweifel am Wahlsystem und äußerte Verständnis für seine Anhänger, die aus Protest gegen Lulas Wahlsieg im ganzen Land zahlreiche Fernstraßen blockieren.

Die Autobahnpolizei registrierte am Mittwoch 167 Straßensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens, wie der Fernsehsender Globo berichtete. Nach eigenen Angaben löste die Polizei bereits 563 Blockaden auf. «Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde», sagte Bolsonaro. Er hatte zuvor selbst Zweifel am Wahlsystem gestreut. Beweise dafür legte er allerdings nie vor.

Die Fernstraßen sind für die Versorgung des Landes essenziell, denn der Großteil der Güter wird in Brasilien per Lkw transportiert. Der Nationale Industrieverband (CNI) warnte vor Versorgungsengpässen und Treibstoffmangel, sollten die Blockaden noch länger andauern. Nach Angaben des Verbands der Supermärkte gibt es in einigen Bundesstaaten bereits Lieferprobleme vor allem bei Obst, Gemüse und Fleisch.

Auch wenn Bolsonaro seine Niederlage nicht ausdrücklich einräumt, will er dem Regierungswechsel offenbar nicht im Wege stehen. «Präsident Jair Bolsonaro hat uns auf der Grundlage des Gesetzes ermächtigt, den Prozess des Regierungswechsels einzuleiten», sagte Kabinettschef Ciro Nogueira. Die Machtübergabe ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht. Er sei sich «fast sicher», dass Bolsonaro an der Amtseinführung von Lula teilnehmen und die Präsidentenschärpe an seinen Nachfolger übergeben werde, sagte Vizepräsident Mourão.

Die Justiz des größten Landes Lateinamerikas wertete dies als ein Eingeständnis der Niederlage. «Die Richter bekräftigen die offizielle Mitteilung, in der die Bedeutung der Anerkennung des endgültigen Wahlergebnisses durch den Präsidenten der Republik mit der Entschlossenheit, den Übergangsprozess einzuleiten, hervorgehoben wurde», hieß es in einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofs nach einem Treffen mit Bolsonaro. «Er sagte, es sei vorbei. Schauen wir also nach vorne», sagte Richter Luiz Edson Fachin im Sender Globo.

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. «Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert», sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.

Auf der Arbeitsebene wurden bereits Kanäle für die Vorbereitung des Machtwechsels gelegt. Medienberichten zufolge sprach Kabinettschef Nogueira bereits mit Lulas Kommunikationschef Edinho Silva. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vizepräsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourão. Der Amtsantritt Lulas ist für den 1. Januar 2023 geplant.

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Norbert K. Leupi 02.11.22 14:10
Endlich hat er sich
aus seinem Versteck gemeldet , nachdem ihm sein Volk und auch sein Gott eine Abfuhr erteilt hatte ! Und mit den Worten , er werde sic sich an die Anordnungen der Verfassung halten , hatte er sich als noch amtierender Präsident ein weiteres Mal disqualifiziert ! " Gratulation zu seiner ABWAHL , so wie sein Gott es wollte " !
Ingo Kerp 02.11.22 12:30
Nun gut, es vermeidet zwar, wie der Teufel das Weihwasser das Eingeständnis, das er verloren hat, sichert aber die Regierungsübergabe zu. Ist ja schon mal ein positiver Schritt. Wenn er jetzt seine auf Krawall gebürsteten Anhänger noch zur Friedfertigkeit bringen kann und die LKW-Fahrer die brennenden Barrikaden räumen, koennte normale Regierungsarbeit fortgesetzt werden.