PHNOM PENH: Als Beat Richner im Spätherbst 1991 aus dem Lift des Hotels Cambodiana in Phnom Penh trat, dachte ich, der gleicht dem Kleinkünstler Beatocello ganz enorm. Verschiedentlich hatte ich seine Vorstellungen für den Tages-Anzeiger besprochen, konnte seinem Cellospielen ehrlich gesagt aber nur wenig abgewinnen.
Erst am nächsten Tag sprach ich den vermeintlichen Richner-Doppelgänger an und der erklärte, er sei schon der Kinderarzt aus Zürich, und er komme übrigens gerade vom Gesundheitsministerium zurück, wo er den Vertrag unterschrieben habe, das Kantha-Bopha-Kinderspital wieder aufzubauen, wo er in den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts schon einmal gearbeitet hatte, bis die Roten Khmer übernahmen.
Unbeirrbar und rastlos
„Wer soll denn das bezahlen?“, war meine erste Frage, aber Richner war davon nicht beeindruckt, irgendjemand bezahle dann schon, vielleicht am Ende der Bund? Da war mir sofort klar, der Mann ist ein Spinner.
Und dieser Eindruck hat sich über die vielen Jahre, die ich ihn kannte und die unzähligen Besuche in seinen diversen Spitälern eher verstärkt als verflüchtigt. Ich habe ihm das auch mehrfach gesagt, dass ich ihn für einen Spinner halte, und das hat ihn nicht wenig amüsiert.
Unbeirrbar, rastlos hat er für seine Idee geworben, gearbeitet, sich verbissen, mit vielen gestritten, Geld gesammelt, Konzerte gegeben, noch mehr Geld gebettelt, nein, verlangt: „I need your money“, ist weiteren Leuten an den Karren gefahren oder auf den Schlips getreten.
Es ging ihm immer um die „korrekte“ medizinische Behandlung der kambodschanischen Kinder.
Richner, mein spröder Freund, hat Gigantisches geleistet. Persönlich hat er sich nichts geleistet, außer mal „es Käfeli“ oder „es Cocki“.
Wenn er mich und meine Bekannten jeweils durch seine Spitäler führte, kam man kaum nach bei seinem Tempo, obwohl er grauenhaft schwitzte. Da stellte er eine Frage, dort riet er jenes. Und dann machte er wieder einen seiner ironischen Sprüche, stellte scheinbar Selbstverständliches in Frage, war radikal im besten Sinn.
Heimtückischer Krankheit erlegen
Dass er nun einer heimtückischen Krankheit erlegen ist, sich am Schluss nicht mehr an seine Zeit in Kambodscha erinnern konnte, ist äußerst ungerecht, eine kosmische Gemeinheit erster Güte.
Für seine Leistung hätte er, meines Erachtens, nichts weniger als den Friedensnobelpreis verdient.
Es ist anders gekommen, aber wir alle erinnern uns mit größter Hochachtung an seine Lebensleistung, die bleibt, also nachhaltig ist.
Damit ist auch diese Frage abschließend geklärt.