Abstimmung über Rüge für Personalpolitik von Schulz

Foto: epa/Patrick Seeger
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BRÜSSEL (dpa) - Das EU-Parlament entscheidet an diesem Donnerstag darüber, ob SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für Personalentscheidungen aus seiner Zeit in Brüssel eine Rüge erhält. Schon im März stimmte der Haushaltskontrollausschuss mehrheitlich dafür, Beförderungsbeschlüsse und Prämienzahlungen des früheren Parlamentspräsidenten in einem Entlastungsbericht infrage zu stellen. Nun steht das Votum in der Vollversammlung an.

Schulz hatte Vorwürfe, in seiner Zeit als EU-Parlamentspräsident Mitarbeiter begünstigt zu haben, zuletzt zurückgewiesen. «Die Mehrheit im Haushaltsausschuss kam nur zustande, weil Anti-Europäer, Konservative und Grüne sich zusammengetan haben», sagte er in einem Interview. Damit müsse er leben.

Der 61 Jahre alte Schulz war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident der EU-Volksvertretung. Ende Januar wurde er zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt. Seit dem vergangenen Monat ist er zudem Parteivorsitzender.

Kurz vor dem Votum im Europaparlament kündigte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) an, kein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Schulz oder frühere Mitarbeiter einzuleiten. Das Amt sieht demnach keine Anhaltspunkte, dass die kritisierten Entscheidungen juristisch relevante Unregelmäßigkeiten darstellen. Experten hätten die infrage gestellte Personalentscheidungen untersucht, sagte eine Sprecherin am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur.

Dennoch entscheidet das EU-Parlament darüber, ob Schulz für frühere Entscheidungen zumindest eine Rüge erhält. Im Gegensatz zu Olaf kann es sich auch zu Vorgängen kritisch äußern, die legal, aber vielleicht nicht legitim sind. Olaf darf hingegen nur dann offiziell ermitteln, wenn es hinreichende Anhaltspunkte auf Betrug, Korruption oder andere rechtswidrige Handlungen zulasten des EU-Haushalts gibt.

Die Sozialdemokraten im Europaparlament wollen nun noch in letzer Minute verhindern, dass die Vollversammlung die Rüge des Haushaltskontrollausschusses bestätigt. Für die relevante Plenarsitzung an diesem Donnerstag brachte die Fraktion deswegen entsprechende Änderungsanträge ein. Sie sehen vor, kritische Passagen in dem zur Abstimmung stehenden Bericht umzuformulieren oder ganz zu streichen.

«Was der Haushaltskontrollausschuss beschlossen hat, ist meiner Ansicht nach substanziell falsch», schimpfte SPD-Gruppenchef Jens Geier am späten Mittwochabend in der parlamentarischen Aussprache zur Abstimmung und warf dem Gremium vor, für die deutsche CDU Bundestagswahlkampf zu betreiben.

Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Inge Gräßle (CDU), entgegnete: «Lügen werden nicht dadurch wahrer, dass man sie permanent wiederholt.» Es sei die Pflicht der Abgeordneten, bei der Wahrheit zu bleiben.

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