Wer andere Staatsbürgerschaft annimmt, kann deutsche verlieren

Foto: Pixabay/Jorono
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LUXEMBURG: Wer freiwillig die Staatsbürgerschaft eines Nicht-EU-Landes annimmt, kann damit nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unter Umständen seinen deutschen Pass verlieren. Eine entsprechende deutsche Regelung verstoße nicht gegen EU-Recht, entschieden die Richter am Donnerstag in Luxemburg. Allerdings müsse besonders berücksichtigt werden, dass damit auch die EU-Bürgerschaft verloren gehe.

Die Auswirkungen des Urteils dürften begrenzt sein. Denn die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts will genau diese Frage neu regeln. Bislang war ein doppelter Pass nur in bestimmten Fällen möglich. Künftig können aber Menschen, die Deutsche werden, ihre bisherige Staatsbürgerschaft behalten. Deutsche, die Bürger eines weiteren Staats werden möchten, benötigen dafür außerdem keine spezielle Genehmigung der deutschen Behörden mehr. Ohne diese Erlaubnis verlor man die deutsche Staatsbürgerschaft bisher beim Erwerb einer weiteren.

Hintergrund der aktuellen Entscheidung des EuGH ist ein Fall aus Nordrhein-Westfalen. Fünf aus der Türkei eingewanderte Menschen wurden 1999 eingebürgert und mussten im Zuge dessen ihre türkische Staatsangehörigkeit aufgeben. Nach ihrer Einbürgerung beantragten sie wieder ihre türkische Staatsangehörigkeit. Damit verloren sie aber automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das deutsche Gericht legte den Fall dem EuGH vor, weil den Menschen dadurch auch die EU-Bürgerschaft entzogen wurde - und damit das Recht, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten.

Die Richter in Luxemburg entschieden nun, dass die Voraussetzungen für die Staatsangehörigkeit die EU-Staaten selbst regeln können. Es sei legitim, dass ein Staat «das zwischen ihm und seinen Staatsbürgern bestehende Verhältnis besonderer Verbundenheit und Loyalität» schützen wolle. Daher verstoße die bald nicht mehr angewandte deutsche Regelung nicht gegen EU-Recht. Allerdings müssten die Betroffenen sich an Gerichte wenden können, damit überprüft werden könne, ob der Verlust der EU-Bürgerschaft unverhältnismäßige Folgen für sie habe.

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michael von wob 26.04.24 15:50
@ Hartmut Wirth
Nach dem neuen Gesetz zur Staatsangehörigkeit kann künftig jeder, der sich in Deutschland einbürgern lassen will, nach deutschem Recht seine bisherige Staatsangehörigkeit behalten. Es tritt am 26. Juni 2024 in Kraft. Fakt !
Hartmut Wirth 26.04.24 15:20
@mvw
Offensichtlich kein Quatsch: doppelte Staatsbürgerschaft war bisher "nur auf Antrag VOR der Einbürgerung" möglich. Der automatische Wegfall bei "Vergessen des Antrages" ist jetzt nicht mehr gegeben.

Und die gesetzliche Regelung bis zu diesem neuen Gesetz als Quatsch zu bezeichnen, sauber sauber.
michael von wob 26.04.24 15:00
Was soll der Quatsch ?
Am 15. Juli 1999 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung eine Reform der Staatsangehörigkeit beschlossen. Damit wurde unter anderem die doppelte Staatsangehörigkeit möglich.Es ist Gesetz ! ! !
Hartmut Wirth 26.04.24 14:50
@Michael R.
Von Der betreffenden Nationalität ist in dem Artikel keine Rede. Es betrifft sämtliche Bürger/-innen.
Auch Deutsche, die eine fremde Staatsbürgerschaft annehmen, haben bis dato die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, wenn sie sich vorher nicht eine Genehmigung zum Erhalt eingeholt hätten. Und dafür müsste(n) zwingende(R) Grund/Gründe vorhanden sein (z.B. Verlust von Altersvorsorge, etc.)
Habe ich nämlich bereits "durchgemacht" und deswegen mein vorheriger Kommentar.
Dass es auch die von Ihnen genannte Nationalität betrifft, ist da ja dann logisch.
Mit dem neuen Gesetz fällt das nun alles weg, bzw. erleichtert die Annahme einer weiteren Staatsangehörigkeit eines Drittlandes (sofern nicht schon vorher eine Ausnahme in der Verordnung/Altgesetz vorhanden war) Man spricht dabei von sog. Anlagestaaten, da diese in der Anlage zum Gesetz genannt sind.

(Das war jetzt die Kurzfassung)
Michael R. 26.04.24 13:10
@Hartmut Wirth
"Ein bisschen Hirn sollte bei Entscheidungen noch vorhanden sein."

Es geht hier vorwiegend um Türken!
Hartmut Wirth 26.04.24 12:50
Verlust der "Geburtsstaatsangehörigkeit"
Das ist schon seltsam: wer vergessen hat VOR Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit den Erhalt aus x-Grunden zu beantragen, war selber schuld. Nach jetziger Regelung bedarf es also diesen Antrag nicht mehr. Also nichts neues, sondern nur eine "Erleichterung" für Bürger, die sich nicht über ihre Rechte und Pflichten in einem Rechtsstaat schlau machen. Denn merke: auch in einer Demokratie ist nicht alles rechtmäßig oder geht automatisch. Ein bisschen Hirn sollte bei Entscheidungen noch vorhanden sein.