Oskars Frau gibt sich großzügig. Großzügig, wenn es um Trinkgeld geht. Nicht, dass sie Oskars Geldbörse schamlos plündern möchte. Sie glaubt halt zu wissen, wann und wie viel gezahlt werden muss. Wenn Oskar einer Kellnerin über das Trinkgeld hinaus oder dem Parkwächter 20 Baht zustecken möchte, dann ist ihr das zu wenig. Für 20 Baht könne sich niemand ein Som Tam kaufen, mahnt die Angetraute.
Oskar hält sich weitgehend an die in der Reiseliteratur für Thailand empfohlene Höhe der Tips. Bei kleineren Beträgen gibt er eigentlich immer 10 Prozent, bei Rechnungen ab 1.000 Baht endet das Trinkgeld allerdings bei etwa 100 Baht. Das muss genug sein, denkt er sich. Zumal er sich nicht sicher ist, dass sein Geld wirklich bei den Mitarbeitern eines Restaurants oder Hotels ankommt. 100 Baht überreicht Oskar nach einer zweistündigen Massage. Schließlich hat ihn die Frau 120 Minuten lang arg durchgeknetet. Eine ausgesprochen seichte Wellnessbehandlung lehnt Oskar ab.
In einem der besten Seefood-Restaurants der Stadt hat er kürzlich erlebt, wie es die Mitarbeiter mit dem Trinkgeld halten. Hat der Gast seine Rechnung bezahlt, das Wechselgeld erhalten und ein großzügiges Tip liegengelassen, kommt der mit dem Kassieren beauftragte Mann und steckt auf dem Weg zur Kasse zwei bis drei Kellnerinnen bzw. Kellnern jeweils 20 Baht zu. So füllt sich die Trinkgeldbox nicht, von der schließlich alle Beschäftigten profitieren sollen.
Oskar