Global sieht es derzeit wirtschaftlich nicht schlecht aus. Die Weltwirtschaft wächst nun im dritten Jahr mit jährlich drei Prozent oder mehr und Deutschland partizipiert aufgrund seiner Exportstärke an diesem Wachstum und hat daher wirtschaftlich keine größeren Schwierigkeiten damit, dass es einigen Ländern derzeit besser und anderen dafür weniger gut geht. Zeit zum Verschnaufen also, und auch Zeit sich einige Ereignisse des Jahres herauszugreifen, die zum Nachdenken einladen.
Das Jahr begann mit den Anschlägen in Paris Anfang Januar, u.a. auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo. Zahllose Menschen bekundeten ihre Betroffenheit und Solidarität mit den Opfern mit dem Slogan „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) und machten dadurch auch sichtbar, welche Bedeutung Meinungs-, Presse- oder die Freiheit der Kunst für sie haben. Im November erschütterten weitere Anschläge Paris. Diesmal traf es kein bestimmtes Ziel wie im Januar, sondern wahllos Menschen, die an diesem Tag in Paris zur falschen Zeit an der falschen Stelle waren. Das Entsetzen war groß und die Menschen realisierten auf einen Schlag, dass es jeden treffen kann und dass uns dieses Thema noch viele Jahre begleiten wird. Gott sei Dank sind nicht alle Muslime Terroristen, aber würde es vor obigem Hintergrund nicht dennoch Sinn machen, Einwanderung nach Europa aus muslimischen Ländern bis auf weiteres so gering wie möglich zu halten? Die Politik in Deutschland scheint diese Frage seit Jahren zu ignorieren und erfüllt nicht im Ansatz ihre Aufgabe, Zuwanderung zu steuern. Es ist schwer nachvollziehbar, weshalb gezielte Steuerung der Zuwanderung durch etwa ein Punktesystem wie es in weiten Teilen der Welt (auch in Österreich) verwendet wird, in Deutschland nicht durchsetzbar war. Etwas mehr Pragmatismus (was nutzt dem Land, was schadet dem Land) wäre wünschenswert gewesen. On Top zu den Versäumnissen der Politik in der Vergangenheit kamen dann in der zweiten Jahreshälfte 2015 massenhaft noch Kriegsflüchtlinge, die Europa und vor allem Deutschland an die Grenzen der Leistungsfähigkeit führen. Gerade kam eine Meldung der Polizeigewerkschaft über den Ticker, dass derzeit nur zehn Prozent der einreisenden Menschen polizeilich erfasst werden. Folgeprobleme sind vorprogrammiert.
Ein weiteres Thema, das erstaunt, ist die Berichterstattung über Griechenland. Ende Januar trat der verhältnismäßig junge Alexis Tsipras als Regierungschef mit seinem schillernden Finanzminister Yanis Varoufakis voller Elan gegen die Troika an. Die Medien begleiteten vor allem den charismatischen Finanzminister, bis er im Juli mit großem Trara sein Amt niederlegte und Tsipras im September im Amt bestätigt wurde. Seither hört und liest man in den wesentlichen Medien recht wenig über Griechenland, obwohl die Themen bestimmt nicht weniger spannend wären als während der ersten Hälfte des Jahres. 2015 ist ein gutes Jahr, um einmal für sich darüber nachzudenken, wann welche Themen für das Wahlvolk von welchen Medien in den Vordergrund gerückt wurden.
Selbst ein Loch in die Knie gebohrt!
Für Sepp Blatter, Präsident der Fifa, war 2015 beruflich wohl kein gutes Jahr. Die Razzia im Mai im Zürcher Hotel Baur au Lac, die Festnahme von sieben Mitgliedern des Exekutivkomitees waren nur der Anfang turbulenter Monate für ihn und seine Organisation, die – obwohl er sich kämpferisch gibt – wohl das Ende seiner seiner Ära einläuten dürften. Kurios wurde es allerdings Mitte Oktober als „Der Spiegel“ fast ein Jahrzehnt nach der Weltmeisterschaft 2006, eine schwarze Kasse in Höhe von 6,7 Mio Euro gefunden zu haben glaubte und auch daraus einen Skandal bastelte. Es scheint fast so, als würde man mit Anstrengung nach Möglichkeiten suchen, sich selbst ein Loch ins Knie zu bohren.
Unter dem Strich bleibt es spannend. 2016 wird kein Jahr werden, indem Politik, die nur verwaltet, erfolgreich sein kann. Deutschland und Österreich geht es relativ gut in der Welt. Es bleibt zu hoffen, dass allen voran Politik und Medien ihren Aufgabenstellungen innerhalb der jeweiligen Gesellschaften gerecht werden, damit es auch so bleibt.
Über den Autor Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden. Feedback erwünscht! Kontaktdaten von Rechtsanwalt Rasp:E-Mail: cr@cr-management-consulting.com Webseite: www.cr-management-consulting.com Telefon: +66 32 512 253 |