Was Demokratien wirklich gefährdet II

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Einige Leser stellten nach dem letzten Gastbeitrag die Frage, was denn nun konkret zu tun sei, um Deutschland wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Folgende Einsichten und daraus abzuleitende Maßnahmen scheinen offensichtlich:

Das über Jahrzehnte erfolgreiche Geschäftsmodell der Bundesrepublik funktioniert nicht mehr richtig. Vor allem hohe Energiepreise und überbordende Bürokratie kosten den Standort Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig ist insbesondere China inzwischen in vielen Bereichen technisch auf ähnlichem Entwicklungsstand wie Deutschland (nicht zuletzt dank deutscher Hilfe), in einigen Branchen bereits führend. Die USA fördern Reindustrialisierung im eigenen Land und freuen sich über viele deutsche Firmen, die in Amerika investieren. Global versuchen sie China einzuhegen, was speziell für Deutschland mit Risiken und negativen Auswirkungen verbunden ist.

Firmen stimmen mit den Füßen ab

Eine deutsche Bundesregierung müsste Tag und Nacht an der Weiterentwicklung des deutschen Geschäftsmodells und an der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen arbeiten. Nachdem aber die deutsche Regierung offensichtlich nicht bereit ist, internationale Standortbedingungen zu matchen, stimmen die Unternehmen mit den Füßen ab und investieren nicht mehr im eigenen Land. Die katastrophalen Folgen werden erst in einigen Jahren sichtbar werden und zu einer großen Belastungsprobe für den sozialen Frieden werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die mangelnde Fähigkeit der Bundesregierung, internationale und globale Entwicklungen bei ihren Entscheidungen adäquat zu berücksichtigen. Die Welt verändert sich rasend schnell, und der sogenannte globale Süden fordert immer erfolgreicher unter der Führung Chinas mehr Mitsprache. Eine deutsche Außenministerin, die moralisierend mit erhobenem Zeigefinger feminis­tische Außenpolitik macht, ist eine Lachnummer. Deutschland braucht eine Außenpolitik, die sich knallhart auf deutsche Inte­ressen konzentriert und diese durchsetzt. Den sogenannten Strategien der Bundesregierung, egal ob es sich um China oder Verteidigung handelt, fehlt der Plan. Auch dies sorgt für große Verunsicherung in der Bevölkerung, da Hilf- und Planlosigkeit der Akteure spürbar sind.

Abstiegsängste befeuern AfD

Als Folge entstehen Ängste in der Bevölkerung, insbesondere Abstiegsängste, die zu den aktuellen Wahlergebnissen der AfD in Bayern und Hessen führen. Keine gute Entwicklung. Leider verstehen die meisten Politiker und Medien nicht, dass die aktuelle Strategie die AfD blind auszugrenzen, diese geradezu mästet. Typisch war ein Beitrag des ZDF am Wahlabend über mögliche Koalitionen in Bayern, die eine rechnerisch mögliche Koalition zwischen CSU und AfD nicht zeigte und damit unvollständig und falsch informierte. Und das im Öffentlich-Rechtlichen Zwangsrundfunk! Die dafür Verantwortlichen meinen es vielleicht sogar gut, erreichen aber durch ihr dummes und unverschämtes Vorgehen das Gegenteil ihrer Ziele und stärken die AfD weiter. Die Politik ist nicht viel besser. Leider begreift die Union nicht, dass niemand eine CDU links der Mitte braucht. Friedrich Merz schafft es regelmäßig durch schiefe Bilder oder Vergleiche die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich und weg von der Sache zu ziehen. Früher oder später werden Politiker und Medien einsehen, sich mit der AfD sachlich auseinandersetzen zu müssen, um ein weiteres Erstarken dieser Partei zu verhindern. Brandmauern nutzen nur der Grünen Partei, die diese verständlicherweise fordert. Die CDU allerdings müsste ein Interesse daran haben, klar zu formulieren, wer und was bei der AfD überhaupt nicht geht, um in eine sachliche Auseinandersetzung einsteigen zu können.

Lösungen dringend gesucht

Die Wählerinnen und Wähler sehen derzeit in immer größeren Zahlen ihre Felle davon schwimmen und erwarten verzweifelt Lösungen von den Regierenden, die sie nicht bekommen. Paradebeispiel Bürokratieabbau: Politiker reden seit Jahrzehnten von der dringenden Notwendigkeit Bürokratie abzubauen, aber in der Realität geschieht das Gegenteil. Aktuell: Von den rund zwei Milliarden für Kindergrundsicherung sollen rund 500 Millionen in Bürokratieaufbau fließen. Um es mit Henrik M. Broder zu sagen: Wenn Deutschland überdacht wäre, wäre es ein Irrenhaus.

Mit Blick auf die aktuelle Bundesregierung können sich Wählerinnen und Wähler nur an die eigene Nase fassen. Lee Kuan Yew, früherer Premierminister von Singapur und einer der begabtesten Politiker des letzten Jahrhunderts, brachte es auf den Punkt: „Wer Blindgänger wählt, bekommt eine Blindgänger-Regierung.“


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hong Kong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting Haus und ist seit 2016 als Chairman einer der ältesten digitalen Marketingagenturen in Südostasien tätig. Feedback zum Gastbeitrag per E-Mail erwünscht!

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