Zeitenwenden

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Derzeit erleben wir an vielen Orten und Bereichen eine Zeitenwende. In Thailand beispielsweise werden chinesische Automarken im Straßenbild immer sichtbarer. Die Service-Center der diversen Marken schießen wie Pilze aus dem Boden und großflächige Werbung am Straßenrand stellt uns eine Vielzahl attraktiver Modelle vor, die neugierig machen.

Im Straßenbild fallen vor allem BYD-Autos auf, welche die Handschrift von Wolfgang Egger tragen, der für Audi den Q7 und R8 entwickelt hat und seit 2016 für BYD arbeitet. Die Tage einseitiger Dominanz japanischer Marken in Thailand scheinen gezählt. Für Käufer von Autos ist diese Entwicklung spannend und positiv.

Auch im VW-Konzern ist eine Zeitenwende im Gange. Vorbei die Zeiten in denen alles wie von selbst lief. Keiner kann sich beschweren, man habe nicht genug Zeit gehabt oder sei von Entwicklungen überrascht worden. Wie klar den Akteuren die Entwicklung der Branche war, zeigen Äußerungen des Ex-VW Managers Martin Posth, der in den 80er Jahren das China-Geschäft für VW erfolgreich in der Volksrepublik aufbaute und in den 90er Jahren aus Hongkong für VW für die gesamte Region verantwortlich war.

Chinas Autobauer holen rapide auf

In einem Stern-Interview aus dem Jahre 2006 nennt er das Jahr 2026 als Richtmarke, wann mit chinesischen Herstellern zu rechnen sei und trifft damit aus heutiger Sicht für Europa ins Schwarze. Auf die Frage, ob wir uns vor der chinesischen Auto-Konkurrenz fürchten müssen, antwortet er zutreffend: Ob wir uns fürchten müssen, hängt von uns selbst ab und dem, was wir den Produkten anderer entgegenzusetzen haben. Aktuell steht bei VW laut Markenchef Schäfer der Dachstuhl in Flammen und Audi-Vorständin Wortmann geht lediglich von einer 50-Prozent-Chance aus, dass es Audi in 10 Jahren noch gibt.

Grüne Ziele krachend verfehlt

Im Energiebereich sei nur kurz auf das Video von Prof. Sinn „Energiewende ins Nichts“ aus dem Jahre 2013 verwiesen. Alle wesentlichen Fakten zum Thema werden dort bereits adressiert. Aktuell: Seit der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke im April muss Deutschland Strom zu horrenden Preisen importieren und für den Export zur Unzeit teuer bezahlen. Gleichzeitig will die Regierung den zuvor künstlich verteuerten Strompreis für die Industrie auf Kosten der übrigen Verbraucher für Teile der Indus­trie subventionieren. Wahnsinn pur. Parallel durchkreuzt die EU-Kommission Deutschlands Pläne für neue Gaskraftwerke. Ein beschleunigter Kohleausstieg bis 2030 wird dadurch weniger wahrscheinlich und die Grünen dürften ihre eigenen Ziele krachend verfehlen.

Krachend verfehlt auch die Ministerin für Wohnungsbau, Klara Geywitz, ihre Ziele bei der Wende im Wohnungsbau. Ihre Pläne funktionieren nicht, sie will aber an diesen festhalten. Einen Manager, der sich entsprechend äußert, würde man sofort an die Luft setzen.

Die Grüne Partei und insbesondere die feministische Außenministerin Baerbock wollen auch in vorauseilendem Gehorsam entsprechend US-amerikanischer Interessen eine Wende oder zumindest größere Veränderungen im Verhältnis der Bundesrepublik zu China. Die jüngst vom Außenministerium vorgestellte China-Strategie ist nach Lektüre nicht ernst zu nehmen. Wenn man unter Strategie Ziele und Plan versteht, dann fehlt der Plan. Der sachkundige Leser kann den Eindruck gewinnen, das Kanzleramt habe die Pläne der Außenminis­terin gestrichen und was geblieben ist, klingt wie das ständig wiederholte grüne Wunschkonzert, das redundant ständig im Papier wiederholt wird.

Demokratie im Westen wankt

Einziger positiver Ausreißer in letzter Zeit: Die Bestellung von Boris Pistorius zum Verteidigungsminister. Ein Minister, der handelt und macht. Interessant auch – erstens, die Öffentlichkeit erkennt das an. Zweitens, es unterstreicht die Urteilsfähigkeit des Kanzlers, der sich, wenn er Kanzler bleiben möchte, möglichst rasch von den fachlich Blinden und Lahmen in seinem Kabinett trennen sollte. Die Bürger lechzen danach.

Wer sich ernsthaft mit der Zukunft speziell der Demokratien in deutschsprachigen Ländern beschäftigen möchte, sei auf einen Vortag von Professor Münkler, dem wahrscheinlich einflussreichsten deutschen Politologen, vom 30. Juni 2023 verwiesen. Brilliant beschreibt er, weshalb autoritäre Systeme für den globalen Süden so attraktiv sind und weshalb auch im Westen die Demokratie wankt.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hong Kong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting Haus und ist seit 2016 als Chairman einer der ältesten digitalen Marketingagenturen in Südostasien tätig. Feedback zum Gastbeitrag per E-Mail erwünscht!

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