Nach Sexualmord: Wie sicherist Zugreisen in Thailand?

Nach Sexualmord: Wie sicherist Zugreisen in Thailand?

THAILAND: Selten hat ein Fall die thailändische Gesellschaft so nachhaltig aufgerüttelt wie die Vergewaltigung und Ermordung der 13 jährigen Kaem aus Nonthaburi im Liegewagen der Staatlichen Railway Gesellschaft Thailands (SRT) am vergangenen Sonntag. Der Rücktritt des Bahn-Vorstandes sowie ein striktes Alkoholverbot in allen Zügen und Bahnhöfen Thailands wurden gefordert.

Die Thailändische Anwaltskammer setzt sich für eine schnelle Entschädigung der Familie des Opfers ein. Sie macht die SRT wegen der mangelhaften Sicherheit in thailändischen Nachtzügen mitverantwortlich. Die Schülerin Nong Kaem war am 6. Juli zwischen Surat Thani und Bangkok auf dem Nachhauseweg im Liegewagen einem Kapitalverbrechen zum Opfer gefallen (wir berichteten).

Die nationalen Fernsehsender und Zeitungen informieren seit vier Tagen ausführlich und mit immer neuen grausigen Details. In Internetforen formierten sich Zehntausende zum Protest. Der Ruf nach der Todesstrafe wurde laut. Ein früheres Vergewaltigungsopfer aus dem Jahr 2001  meldete sich sogar aus Griechenland und beklagt die Schutzlosigkeit von Frauen in Nachtzügen.

Rekonstruktion der Tat nichts für schwache Nerven

Nichts für schwache Nerven war die in Thailand übliche Rekonstruktion des Falles mit Täter Wanchai Saengkhao am Tatort des Wang Pong Bahnhofes in der Provinz Prachuap Khiri Khan. Emotionslos schilderte dieser, wie er um 2 Uhr morgens das schlafende Mädchen in ihrem Liegewagen-Bett überfiel, seelenruhig die Deckenbeleuchtung des Waggons ausschaltete, sie bis zur Bewusstlosigkeit würgte und vergewaltigte. Wanchai Saengkhao öffnete zuvor Türen und Fenster des Abteils und verschaffte sich durch den Fahrtlärm die Bedingungen für seine Tat.

Als Nong Kaem wieder zu Bewusstsein gekommen sei, habe er sie neuerlich gewürgt und missbraucht und in Höhe des Nationalparks Pranburi aus dem fahrenden Zug geworfen. Der bei seiner Vernehmung ungerührt wirkende Mann gab zu, regelmässig aufputschende Drogen und Alkohol konsumiert zu haben – auch am Tatabend und während der Dienstzeiten.

Wanchai aus der südlichen Provinz Nakhon Si Tammarat war als Zugbegleiter eines SRT-Subunternehmens für das Bettenmachen und Reinigen der Liegewagen zugeteilt. Keiner der anderen Fahrgäste, auch nicht die beiden nebenan schlafenden Schwestern des Opfers, hatten etwas von dem Übergriff bemerkt. Dass er über eine halbe Stunde ungestört agieren konnte, sorgte für einen schweren Imageschaden der ‚State Railways of Thailand‘. Nach der Entsorgung des Körpers und der blutigen Bettlaken stahl der 22 jährige ihren Reiserucksack mit dem Mobiltelefon und versteckte ihn in seinem Dienstabteil.

Das Opfer: Kaem (13) aus Nonthaburi.
Das Opfer: Kaem (13) aus Nonthaburi.

SRT-Gouverneur Prapas Chongsanguan hatte in ersten Stellungnahmen fast verzweifelt versucht, eine Festanstellung des Sexualmörders bei der Staatlichen Eisenbahngesellschaft Thailands zu dementieren. Zwischenzeitliche Rücktrittsforderungen trieben Prapas in die Offensive. Er kündigte an, dass ab sofort jeglicher Alkoholgenuss in Zügen und Bahnhöfen Thailands untersagt werden soll. Auch Urlauber dürften Alkohol nur im Gepäck mitführen, jedoch nicht während der Fahrt konsumieren. Außerdem versprach der SRT-Gouverneur, sich für eine schnelle finanzielle Hilfe der Familie des Opfers zu verwenden.

Die Anwaltskammer Thailands will den Fall exemplarisch behandeln und sicherte der Opferfamilie kostenlose juristische Hilfe zu. Kammer-Präsident Dej-udom Krairit sagte, die mangelhafte Sicherheit in thailändischen Nachtzügen biete Anlass genug für eine zivile Schadensersatzklage. Neben den hoffentlich bald abgestellten Sicherheitslücken sei eine Entschädigung der Familie das Mindeste, was die State Railways of Thailand nun tun könne, erklärte Präsident Dej-udom.

Kritiker: Alkoholverbot alleine reicht in Nachtzügen nicht aus

Ob das Alkoholverbot ausreicht, um das Vertrauen in die Thailändische Eisenbahngesellschaft wieder herzustellen, bezweifeln Experten. Die Nationale Menschenrechtskommission fordert eine massive Verstärkung von Sicherheitspersonal in allen Zügen. In Thailand ein Alkoholverbot zu kontrollieren und einzuhalten sei illusorisch und organisatorisch kaum durchführbar. Das Vergewaltigungsopfer des Jahres 2001, eine heute in Griechenland lebende Frau, appellierte an den Rat für Frieden und Ordnung (NCPO), neue Rahmenbedingungen zu schaffen und so eine Wiederholung solcher Tragödien auszuschließen.

Täter Wanchai Saengkhao soll in Rekordzeit der Prozess gemacht werden. Polizei und Justiz erhielten eindeutige Weisungen. Einige Kommentatoren in den vor Blogs überquellenden Internetforen befürchteten bereits, dass nun nach dem Gesichtsverlust der Gedächtnisverlust folgen könnte. Eine Bloggerin aus Surat Thani schrieb: „Weder eine schnelle Todesstrafe noch das bezahlte Stillschweigen der Opferfamilie werden dieser Tat gerecht. Es muss etwas geschehen, damit wir uns in Thailands Zügen wieder sicher fühlen können!“

(Fotos: The Nation / Phuket Gazette)

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