Abgeordnete des Wahlsiegers verlassen Parlament

​Machtkampf im Irak 

Die Anhänger der sadistischen Bewegung tragen die Bilder von Muqtada al-Sadr. Foto: epa/Ahmed Jalil
Die Anhänger der sadistischen Bewegung tragen die Bilder von Muqtada al-Sadr. Foto: epa/Ahmed Jalil

BAGDAD: Im Kampf um die Macht im Irak haben sich die Abgeordneten der stärksten politischen Kraft aus dem Parlament zurückgezogen. Das Abgeordnetenhaus habe einem Gesuch der Anhänger des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr «widerwillig» stattgegeben, teilte Parlamentspräsident Mohammed al-Halbusi am Sonntagabend auf Twitter mit. Bemühungen, Al-Sadr von seinem Vorhaben abzubringen, hätten keinen Erfolg gehabt. Die Auswirkungen waren zunächst unklar.

Im Irak tobt seit der Parlamentswahl im vergangenen Oktober ein Machtkampf. Al-Sadrs Liste hatte dabei die meisten Sitze gewonnen. Der Geistliche bemühte sich seitdem darum, eine Mehrheitsregierung zu bilden - ein Bruch mit den bisherigen Gepflogenheiten. Bislang wurden die wichtigsten Posten in der Regierung nach einem Proporz-System vergeben. Allerdings gelang es Al-Sadr nicht, einen Mehrheit zu bekommen.

Der einflussreiche Geistliche will bei der Bildung einer neue Regierung die rivalisierende Fatah-Koalition ausschließen. Das schiitische Bündnis ist eng mit dem Iran verbunden, verlor bei der Wahl aber mehr als die Hälfte der Sitze. Es erhob danach Fälschungsvorwürfe und verlangte eine Korrektur oder Annullierung der Abstimmung. Die Ergebnisse sind nach einem Gerichtsbeschluss aber endgültig.

Der Rücktritt der 74 Abgeordneten sei «ein Opfer für die Nation», sagte Al-Sadr. Die Auswirkungen waren zunächst unklar. Im Land wächst aber die Angst, dass zwischen den rivalisierenden schiitischen Gruppen Gewalt ausbrechen könnte. Al-Sadr könnte jetzt versuchen, über eine außerparlamentarische Opposition Druck aufzubauen. Der Geistliche verfügt über treue Anhänger, die er zu Massendemonstrationen auf die Straße bringen kann.

Die Wahlbeteiligung war im Oktober auf ein Rekordtief von rund 41 Prozent gefallen. Viele Iraker haben kaum noch Vertrauen in die Politik. Sie kritisieren vor allem die weit verbreitete Korruption. Al-Sadr gilt als kontroverse Figur. Nach Saddam Husseins Sturz bekämpfte seine Armee die US-Truppen. Heute gibt er sich gemäßigter. Seine Anhänger leben vor allem in den ärmeren Vierteln.

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