Leise

Oskars jüngste Tochter achtet auf die Manieren ihres Vaters. Wenn er wieder einmal zu laut spricht, hält das Mädchen den Zeigefinger vor seinen Mund und erinnert ihn flüsternd daran: Thais schreien nicht, sie reden leise, mit gesenkter Stimme. Oskar ist halt kein Leisetreter.

Wenn er dann abends seiner Frau beim Fernsehen über die Schulter schaut, stellt er die Zurechtweisung seiner Tochter infrage. In den Seifenopern, die sich jeden Abend wiederholen und anscheinend kaum eine Handlung haben, wird geschrien, was die Stimmbänder hergeben.

Bei den Dreiecksgeschichten, in denen offenbar regelmäßig Männer eine Frau umwerben, oder Frauen hinter einem Mann her sind, führen Wut, Ärger, ja auch blanker Hass und Eifersucht laut Drehbuch zu lautstarken Szenen. Die Schauspieler brüllen sich an, dass in der Soap Passanten erschrocken stehenbleiben oder Nachbarn aus dem Schlaf hochschrecken. Da wird nicht geraunt, gedämpft gesprochen. Und wenn verbale Entgleisungen nichts bringen, endet der Zoff mit Ohrfeigen, Faustschlägen und letztendlich im Krankenhaus. Mai pen rai!

Millionen Thais erleben die verschiedenen Charaktere auf dem Fernsehschirm. Und alle Daily Soaps scheinen ein augenfälliges Merkmal zu haben: Sie besitzen keinen Anfang und kein Ende.

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