Aurelius, ein nicht besonders erfolgreicher Berliner Schriftsteller, den ich aus meiner Stammkneipe kannte, hatte mich zu seinem 50. Geburtstag eingeladen.

"Aber bring Nai mit", hatte er mir noch nachgerufen. Dieser Geburtstag sollte ganz groß gefeiert werden. Aurelius hatte einen Saal im Mariott-Hotel gebucht, mit großem Büfett und kleiner Band, Beginn um 20 Uhr, Motto: "Jetzt geht's richtig los!"

Wir kamen absichtlich ein paar Minuten nach 2o Uhr. Meine Herzallerliebste hatte sich herausgeputzt, als ginge es um einen Schönheitswettbewerb. Als wir im Mariott eintrafen, hatten sich gerade sechs Gäste versammelt. Rund um das aufgebaute Büfett standen zwölf Kellner. Wir bestellten einen Drink und warteten. Ein Kellner brachte die Getränke und kassierte sofort. Etwas verwundert zahlten wir. Nach und nach trafen weitere Gäste ein, legten ihre Geschenke auf einem vorbereiteten großen Tisch ab, bestellten etwas zu trinken und wurden ebenfalls zur Kasse gebeten. Nach fast einer Stunde hatten sich mehr als hundert Gratulanten eingefunden. Nur der Gastgeber ließ sich nicht sehen. Es war eine merkwürdige Situation.

Endlich, mit einer Verspätung von über einer Stunde, erschien das Geburtstagskind total betrunken. Im Schlepptau hatte er vier junge Thais dabei, die im Handumdrehen alle Geschenke einsammelten und damit verschwanden.

"Sorry", sagte Aurelius, "ich bin leider besoffen." Er verneigte sich theatralisch und folgte den vier Thai-Boys.

"Callolo", fragte meine Herzallerliebste, "ist das ein normaler deutscher Geburtstag?"

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Die ersten Gäste verließen protestierend den Festsaal. In mir wuchs die Wut, und dann traf ich eine Entscheidung:

"Freunde", rief ich, "das Büfett ist eröffnet." Der Band gab ich das Zeichen zu spielen, und den Kellnern sagte ich, ab sofort seien alle Getränke frei. Morgen würde Aurelius vorbeikommen und die Rechnung begleichen.

Ob Sie es glauben oder nicht: Wir hatten die tollste Geburtstagsparty, die jemals in Pattaya gefeiert worden ist. Wir haben das herrliche Büfett geplündert, wir haben getrunken, getanzt und gelacht, ganz im Sinne des angekündigten Mottos: "Jetzt geht's richtig los!"

Erst lange nach Mitternacht endete diese außergewöhnliche, aber herrliche Party, an der unser Gastgeber leider nicht teilnehmen konnte.

Zwei Tage später klingelte es an unserer Tür. Da stand Aurelius und sagte: "Es ist mir etwas unangenehm, aber auf der Party waren einhundert Personen, und die haben für einhundertfünfzigtausend Baht gegessen und getrunken. Ich muss deshalb jetzt von jedem Gast eintausendfünfhundert Baht zurückfordern."

Noch ehe ich auf diese Unverschämtheit antworten konnte, schob meine Herzallerliebste mich zur Seite und erwiderte: "Du spinnst doch wohl! Weißt du, was mein Geschenk für dich gekostet hat?"

Dann warf sie ihm die Tür vor der Nase zu und sagte zu mir: "Callolo, du musst besser auf deinen Umgang achten."

Was sollte ich darauf antworten? Sie hatte ja, wie fast immer, so recht.