Hunde, Frauen und Männer

​Callolo und seine Herzallerliebste - Eine humorvolle Geschichte 

Hunde, Frauen und Männer

Harry kam in unsere Stammkneipe, baute sich vor uns auf, stemmte beide Arme in die Seiten und verkündete seine Meldung des Tages: „Also, ich habe mich endgültig von meiner Alten getrennt.“

„Schon wieder?“ antworteten wir unisono, denn wir wussten, dass es sich bei seiner Liz bereits um die vierte Frau in drei Jahren handelte.

„Ich habe das ewige Gebettel um Geld ebenso satt wie die ständigen Ver- dächtigungen, dass ich fremdgehe. Jetzt schaff ich mir einen Hund an und verzichte auf die Gesellschaft von Frauen.“

Letzteres glaubten wir ihm natürlich nicht, denn mit seinen sechsundsechzig Jahren war jeder Rock mit zwei Beinen eine unwiderstehliche Versuchung für Harry. Er jedoch bestellte eine große Runde und brachte einen Toast aus auf den einzigen treuen Freund des Menschen.

Als ich heim kam, saß meine Herzallerliebste im Wohnzimmer und wiegte unseren Hund Artit wie ein Baby in den Armen.

„Was ist los, Nai?“ fragte ich.

Sie wischte sich die Tränen aus den Augen.

„Er frisst nicht, schon seit zwei Tagen, und seine Augen sind ganz trüb wie bei alten toten Fischen.“

„Das geht vorüber, Schatz“, versuchte ich sie zu beruhigen, „schon morgen wird er wieder Appetit haben.“

Sie zeigte traurig auf seinen Fressnapf, in dem sich zarte gebratene Kalbsleberstückchen befanden, die mir das Wasser im Munde zusammenlaufen ließen.

„Dein Essen steht in der Küche auf dem Herd. Du musst es nur noch mal ein wenig heiß machen.“

Als ich den Deckel vom Topf nahm, erblickte ich einen großen Knochen mit einem noch größeren Loch in der Mitte. Hatte meine Herzallerliebste etwa meine Mahlzeit mit der unseres Hundes verwechselt?

„Nein“, beharrte sie, „das ist ein Ossobuco, eine Spezialität, extra für dich.“ Es war nur nichts dran.

Am anderen Morgen bemerkte ich, dass der Kot von Artit weiß war, fressen wollte er immer noch nicht, und seine Augen waren trüb wie ungeschliffe- ner Bernstein.

Also Nai und den Hund ins Auto verfrachtet und zum Tierarzt. Seine Dia- gnose: Eine Leberinfektion, wahrscheinlich angesteckt von anderen Hunden. Er gab uns eine Menge Pillen und Tropfen mit und meinte, in einer Woche sei der Hund wieder fit. So kam es auch, und Nai war überglücklich.

Zugegeben, das machte mich ein wenig neidisch.

„Weißt du, was ich gerne wäre, Nai?“ Sie schaute mich fragend an.

Ich sagte: „Ich wäre gerne dein Hund, dann würdest du mich auch so herzlich umsorgen und verhätscheln.“

In ihrer Euphorie über den schwanzwedelnden Artit nahm sie mich in ihre

Arme und flüsterte mir etwas Zärtliches ins Ohr.

Ich dachte an Harry, der sich einen Hund zulegen will.

Aber ich finde, Frauen sind immer noch das Beste, was es in dieser Art gibt.

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