Asean-Gipfel: Ukraine-Krise und Differenzen mit China

Foto: epa/Kith Serey
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PHNOM PENH: Der Gipfel der Asean-Staaten steht plötzlich im Mittelpunkt der geopolitischen Spannungen: Am Rande geht es auch um den Ukraine-Krieg und die Rivalität zwischen China und den USA. Wichtige Gegenspieler sind vor Ort: Außer Biden und Blinken auch Lawrow und Kuleba.

Der Ukraine-Konflikt und die Spannungen mit China überschatten den Gipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean. Als Gastgeber eröffnete der kambodschanische Präsident Hun Sen am Donnerstag das dreitägige Treffen in Phnom Penh mit einem Aufruf zur Einheit in der Region und auf der ganzen Welt. Außer US-Präsident Joe Biden und Außenminister Antony Blinken, die am Samstag eintreffen, werden Russlands Außenminister Sergej Lawrow und sein ukrainischer Amtskollegen Dmytro Kuleba vor Ort sein. Ob es zu bilateralen Gesprächen über den Ukraine-Krieg kommt, war unklar.

Das Asean-Treffen ist der Auftakt zu drei Gipfeln in Südostasien in enger Folge: Am Montag trifft Biden auf der indonesischen Insel Bali zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme vor fast zwei Jahren mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen. Am Dienstag und Mittwoch tagen dort die Staats- und Regierungschefs der Gruppe der großen Wirtschaftsmächte (G20) auf Bali. Anschließend findet am Freitag und Samstag in Thailands Hauptstadt Bangkok der Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) statt.

Der russische Präsident Wladimir Putin wird aber zu keinem der Gipfel reisen. Die Differenzen mit Russland und anderen Ländern wie China und Indien, die Putins Invasion bisher nicht verurteilt haben, lähmen die Kooperation besonders im G20-Rahmen und behindern einen Konsens. Wie lokale Medien berichteten, konnten sich die Asean-Staaten nicht darauf einigen, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Videoansprache an das Treffen richten kann.

Die Asean-Staaten zeigten sich hingegen besorgt über die Situation und die Gewalt in Myanmar. Die Staats- und Regierungschefs forderten die Militärführung in Myanmar auf, einen im April 2021 mit dem ehemaligen Birma vereinbarten «Fünfpunkteplan» umzusetzen. Dieser sieht ein Ende der Gewalt und einen Dialog mit den gesellschaftlichen Kräften in dem südostasiatischen Land vor. Myanmars Junta-Chef, General Min Aung Hlaing, war nicht nach Phnom Penh eingeladen worden.

Zum Asean gehören neben Brunei, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam auch solche mit engen Verbindungen zu China wie Kambodscha, Laos, Myanmar und demnächst auch Osttimor, dessen Aufnahme beschlossen wurde.

Wichtige Punkte auf der Asean-Agenda sind neben der Krise in Myanmar nach dem Militärputsch und den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA und der Konflikt um die chinesischen Territorial-Ansprüche gegenüber mehreren Asean-Nachbarn im Südchinesischen Meer. Für China nimmt nur der scheidende Ministerpräsident Li Keqiang teil, der schon nicht mehr der neuen chinesischen Führung angehört.

Vor dem Biden-Xi-Treffen äußerte Außenamtssprecher Zhao Lijian in Peking die Hoffnung auf eine Verbesserung der angeschlagenen Beziehungen. China suche gegenseitigen Respekt, friedliche Koexistenz und Kooperation, wolle aber entschlossen seine «legitimen Rechte und Interessen» verteidigen. Es sei wichtig, dass die USA mit China zusammenarbeiteten, um angemessen mit Differenzen umzugehen. Missverständnisse sollten vermieden und die Beziehungen wieder «auf den rechten Weg» gebracht werden, sagte der Sprecher.

Die Beziehungen sind auf einem historischen Tiefstand. Streitpunkte sind Chinas Rückendeckung für Russlands Präsident Wladimir Putin im Ukraine-Krieg, der laufende Handelskrieg, die Spannungen um das demokratische Taiwan und die umstrittenen Territorialansprüche Chinas im Südchinesischen Meer. China wirft den USA vor, seinen Aufstieg in der Welt behindern zu wollen. Die USA wiederum sehen China zunehmend als wirtschaftlichen Rivalen und Bedrohung seiner Sicherheit.

Ungeachtet der weltweiten Empörung über den russischen Einmarsch in der Ukraine beschrieb China seine Beziehungen zu Russland als «felsenfest». Beide Länder seien «umfassende strategische Partner», sagte der Außenamtssprecher in Peking. China und Russland formten keine Allianz, und ihre Zusammenarbeit ziele nicht auf Dritte. Es gebe ein «hohes Maß an Vertrauen». Den Ukraine-Krieg erwähnte der Sprecher mit keinem Wort.

Außer am G20-Treffen wird Xi Jinping auch am Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) in Bangkok teilnehmen. In dem Forum arbeiten 21 Staaten rund um den Pazifik zusammen: USA, China, Japan, Russland, Südkorea, Kanada, Mexiko, Chile, Peru, Neuseeland, Australien, Papua-Neuguinea, Taiwan, Hongkong, Brunei, Indonesien, Malaysia, Singapur, die Philippinen, Thailand und Vietnam.


Asean-Gipfel drängt auf friedliche Lösung der Krise in Myanmar

PHNOM PENH: Die Asean-Staaten haben sich bei ihrem Gipfeltreffen in Kambodscha besorgt über die Situation in Myanmar und die zunehmende Gewalt in dem Krisenland gezeigt. Die Staats- und Regierungschefs forderten die Militärführung in Myanmar auf, einen im April 2021 mit dem ehemaligen Birma vereinbarten «Fünfpunkteplan» umzusetzen. Dieser sieht ein Ende der Gewalt und einen Dialog mit den gesellschaftlichen Kräften in dem südostasiatischen Land vor.

«Die Asean hat sich verpflichtet, Myanmar dabei zu helfen, eine friedliche und dauerhafte Lösung für die anhaltende Krise zu finden», hieß es in einer Mitteilung. Die Außenminister des südostasiatischen Staatenbundes seien beauftragt worden, einen konkreten Plan mit einem genauen Zeitrahmen zur Umsetzung des Fünf-Punkte-Plans zu entwerfen. Die Asean werde die UN und andere externe Partner um Unterstützung bei ihren Bemühungen bitten.

Myanmars Junta-Chef, General Min Aung Hlaing, ist nicht zu den Gesprächen eingeladen. Das Land versinkt seit einem Militärputsch im Februar 2021 in Chaos und Gewalt. Der Asean gehören zehn Länder an. Menschenrechtler haben dem Staatenbund immer wieder vorgeworfen, nicht hart genug gegen die Junta in Myanmar vorzugehen.


Asean-Staaten wollen Osttimor als elftes Mitglied aufnehmen

PHNOM PENH: Die Vereinigung südostasiatischer Staaten (Asean) bekommt voraussichtlich bald einen elften Mitgliedstaat: Osttimor. Die Staats- und Regierungschefs der Gruppe hätten sich «grundsätzlich darauf geeinigt», den 2002 unabhängig gewordenen Staat in den Bund aufzunehmen, hieß es am Freitag beim Asean-Gipfeltreffen in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Ab sofort werde Osttimor ein Beobachterstatus eingeräumt, ging aus einer Mitteilung hervor. Das Land sei damit nun zu allen Plenarsitzungen zugelassen.

Das Land in der Osthälfte der südostasiatischen Insel Timor war einst portugiesische Kolonie und danach lange von Indonesien besetzt. 2002 hatte es seine Unabhängigkeit von Indonesien erlangt. 2012 zogen die UN-Friedenstruppen ab. Osttimor (oder Timor-Leste) mit seinen rund 1,3 Millionen Einwohnern gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Der Westen Timors gehört weiter zu Indonesien.

Der Asean gehören bislang zehn Länder an. Kambodscha unter Langzeit-Ministerpräsident Hun Sen hat in diesem Jahr den Vorsitz über den Staatenbund. Indonesien ist der mit Abstand größte und einflussreichste Mitgliedsstaat. Der Asean-Gipfel, zu dem am Wochenende auch US-Präsident Joe Biden erwartet wird, dauert noch bis Sonntag.

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David Ender 12.11.22 10:20
Welche gemeinsamen Werte?
Im Freedom Index stehen die ASEAN Staaten traurigerweise irgendwo zwischen Ghana und Nordkorea im abgeschlagenen Feld der Nachzuegler in Sachen Buergerrechten gemaess der Allgemein. Erklaerung der Menschenrechte von 1948. Welche Werte teilt das thailaend. Volk nun konkret etwa mit der Ein-Parteien Diktatur Vietnam oder der Militaerjunta in Burma? Und in solch einer diffusen Lage einer fehlenden gemeinsamen ethischen Basis, wie soll ASEAN nun in kritischen geopolitischen Fragen gegenueber expansiven Maechten wie Russland oder China eindeutig Stellung beziehen? Also wird weitergewurschtelt, weggeduckt und opportunistisch agiert. Angesichts der miserablen oekonomischen Lage der meisten Mitgliedsstaaten eben ... wie lautet das passende deutsche Wort dazu noch?: Alternativlos!