Angeklagter Ex-Minister gestorben

​Tote am Eisernen Vorhang 

Foto: Freepik
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PRAG: Der im Zusammenhang mit Todesfällen am früheren Eisernen Vorhang angeklagte ehemalige tschechoslowakische Innenminister Vratislav Vajnar ist tot. Er starb im Alter von 92 Jahren, wie das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen (CT) am Dienstag unter Berufung auf seine Anwältin berichtete.

Der Prozess gegen Vajnar hatte erst Ende April begonnen und Hoffnung auf eine späte juristische Aufarbeitung des Grenzregimes der damaligen Tschechoslowakei (CSSR) geweckt, da erstmals ein Ex-Regierungsmitglied vor Gericht stand. Die Staatsanwaltschaft warf Vajnar vor, das brutale Vorgehen bis hin zum Schusswaffengebrauch an den Grenzen der CSSR zur Bundesrepublik und zu Österreich mitverantwortet zu haben. Dem Kommunisten wurde daher Amtsmissbrauch während seiner Zeit als Innenminister von 1983 bis 1988 zur Last gelegt.

Die Ermittlungen gingen auf eine Strafanzeige der Initiative «Plattform für das Gedenken und Gewissen Europas» zurück. Nach dem Tod des Angeklagten muss das Verfahren nach tschechischem Recht eingestellt werden.

In dem Verfahren ging es unter anderem um eine mutmaßliche Mitschuld am Tod von Hartmut Tautz und Johann Dick. Der in Amberg in der Oberpfalz lebende Bundesbürger Dick war im September 1986 auf einer Wanderung von CSSR-Grenzsoldaten erschossen worden. Er soll sich auf BRD-Gebiet befunden haben. Der erst 18-jährige Magdeburger Tautz wurde 1986 in der Nähe von Bratislava von Hunden bei dem Versuch zerfleischt, über die Grenze in den Westen zu gelangen.

Die Grenzbefestigungen wurden im Kalten Krieg von den Ostblockstaaten scharf bewacht. Bei Fluchtversuchen kamen nach Untersuchungen von Historikern zwischen 1948 und 1989 an den Grenzen der damaligen Tschechoslowakei zur Bundesrepublik Deutschland und zu Österreich nachweislich mindestens 280 Menschen ums Leben, etwa durch Stromschlag oder Schüssen von Grenzsoldaten.

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