BERLIN: Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der belarussischen Führung um Machthaber Alexander Lukaschenko wegen der Flüchtlingskrise an der Grenze zur EU kritisiert.
Die Menschen würden in inakzeptabler Weise von der politischen Führung in Minsk instrumentalisiert, um politischen Druck auf die Europäische Union auszuüben, sagte Steinmeier am Donnerstag bei einem Treffen mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja in Berlin nach Angaben einer Sprecherin.
«Staatlich organisiertes Schlepperwesen befreit das Regime in Minsk nicht von der Verantwortung für die humanitäre Versorgung der Menschen, die es mit falschen Versprechen ins Land gelockt hat», sagte der Bundespräsident weiter. Ein Thema des Gesprächs waren den Angaben zufolge auch die Lage in Belarus und die Repressionen, denen viele Menschen im Land unverändert ausgesetzt seien.
An der Grenze zwischen Belarus und Polen harren Tausende Flüchtlinge unter erbärmlichen Bedingungen aus. Die EU wirft Lukaschenko vor, gezielt Migranten ins Land zu holen, um sie dann zur Weiterreise an die Grenze zu bringen. Dadurch solle die Europäische Union destabilisiert werden.
Tichanowskaja stattete am Donnerstag auch dem Bundestag einen Besuch ab und verfolgte eine Debatte von einer Tribüne des Plenarsaals aus. Sie wurde von den Abgeordneten mit langem Beifall begrüßt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) äußerte die Hoffnung, «dass auch das Volk von Belarus in Zukunft seine Geschicke mit freien und auch parlamentarischen Debatten gestalten wird».