Selenskyj nach Luftschlägen und Kriegsgräueln

Ukraine wird siegen

Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky. Foto: epa/Oleg Petrasyuk
Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky. Foto: epa/Oleg Petrasyuk

KIEW: Russland hat auch an Ostern weiter die Ukraine bombardiert. Im Land gibt es viele Stromausfälle. Präsident Selenskyj erinnert zudem an einen Jahrestag schlimmster Gräueltaten in diesem Krieg.

Nach neuen russischen Luftangriffen auch an Ostern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Siegeszuversicht in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Angriffskrieg betont. «Die Ukraine wird auf jeden Fall siegen», sagte er in dem vor zwei Jahren befreiten Ort Borodjanka, wo er eine Videobotschaft auf der Straße aufzeichnen ließ. Bei einem anderen Ortstermin erinnerte er in Butscha an das dort 2022 verübte Massaker an Zivilisten, die mit einem neuen Denkmal gewürdigt wurden.

Selenskyj sprach seinen Landsleuten Mut zu, sich weiter gegen den russischen Terror zu verteidigen. Das von einigen ukrainischen Christen in diesen Tagen gefeierte Osterfest sei eine Erinnerung daran, dass die Kraft des Geistes das Böse besiegen kann, sagte er in einer am Sonntag in den sozialen Netzwerken verbreiteten Botschaft. Die meisten Christen in der Ukraine feiern Ostern nach orthodoxem Brauch erst Anfang Mai.

Selenskyj erinnert an das Massaker in Butscha von vor zwei Jahren

In Butscha versammelten sich am Sonntag auch Botschafter mehrerer Staaten, um der Opfer zu gedenken. «Die Präsenz von uns Botschaftern bezeugt, dass die internationale Gemeinschaft zur Ukraine steht. Das Verbrechen von Butscha muss gesühnt werden», schrieb der deutsche Botschafter Martin Jäger im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Russland, das am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert war, bestreitet bis heute, dort Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Doch wie kein anderer Ort in der Ukraine steht Butscha als Symbol für Gräueltaten in Russlands Krieg gegen die Ukraine. Hunderte Menschen wurden dort nach dem russischen Einmarsch laut ukrainischen Ermittlern getötet. Einige Leichen wurden mit gefesselten Händen auf dem Rücken gefunden. Am 2. April 2022, Tage nach dem russischen Abzug, gingen die Bilder von den auf der Straße liegenden Toten um die Welt.

Selenskyj sagte, dass die Ukraine so wie damals die Kiewer Vororte künftig ihr gesamtes Land befreien werde. Butscha, Borodjanka, Irpin und andere einst umkämpfte Orte stünden für den Kampf der Ukrainer für ihr Land und für ihr Leben, sagte Selenskyj in einer am Sonntag verbreiteten Videobotschaft. «Das wichtigste ist, nicht den Glauben an sich zu verlieren», sagte der Präsident.

Russische Luftangriffe gegen Energieanlagen - viele Stromausfälle

Russland feuerte erneut Raketen und Drohnen auf die Ukraine ab, massiv beschossen wurden besonders Energieanlagen des Landes. Die ukrainische Luftverteidigung meldete allein am Sonntag, dass 18 von 27 Angriffen abgewehrt worden seien, darunter waren Attacken mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern. Nach Behördenangaben gab es dennoch Treffer. Ziele sind Wärme- und Wasserkraftwerke und andere Anlagen zur Stromerzeugung.

Im westukrainischen Gebiet Lwiw (früher Lemberg) wurde Behörden zufolge ein bereits mehrfach beschossenes Objekt wichtiger Infrastruktur getroffen, zwei Menschen starben dort. Details wurden nicht genannt. Im Gebiet Odessa am Schwarzen Meer waren Zehntausende Menschen zeitweilig ohne Strom. Auch in anderen Regionen des Landes gab es den Versorgern zufolge teilweise Stromausfälle. Der Stromversorger DTEK sowie regionale Behörden berichteten von Engpässen in Dnipropetrowsk, Sumy und Poltawa.

Der Bürgermeister von Charkiw, Ihor Terechow, sagte dem ukrainischen Nachrichtenportal «Liga.net», dass sich die Bevölkerung in der zweitgrößten Stadt des Landes trotz des massiven russischen Beschusses nicht brechen lasse. Er berichtete von schweren Schäden an der Energieinfrastruktur, der Wiederaufbau der Stadt werde mehr als zehn Milliarden US-Dollar kosten.

Präsident Selenskyj sprach von «abscheulichen Attacken» und bat zum wiederholten Mal eindringlich um mehr internationale Hilfe beim Schutz der Energie-Infrastruktur seines Landes. «Wir haben die notwendigen Signale und konkrete Anfragen an all unsere Partner gesendet, die über die nötigen Luftverteidigungssysteme und Raketen verfügen», sagte er. «Amerika, Europa und andere Partner wissen genau, was wir brauchen.»

Nach mehr als zwei Jahren Angriffskrieg zielt Russlands Armee derzeit wieder verstärkt auf die ukrainische Energieinfrastruktur, um die Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Wärme lahmzulegen. Kiew spricht deshalb auch von «Energieterror».

Ukrainischer Geheimdienst weist Moskaus Forderungen zurück

Indes wies der ukrainische Geheimdienst SBU Forderungen des russischen Außenministeriums zurück, Kiewer Funktionäre an Moskau auszuliefern. Russland verlangte nach dem Terroranschlag auf die Veranstaltungshalle Crocus City Hall bei Moskau etwa die Auslieferung von SBU-Chef Wassyl Maljuk. Die russische Führung sieht bei dem Anschlag eine ukrainische Spur, obwohl sich die Terrormiliz Islamischer Staat dazu bekannt hatte. Die Ukraine weist eine Verwicklung kategorisch zurück und auch internationale Experten stufen die IS-Bekennerschreiben als sehr glaubwürdig ein.

Die Äußerungen Moskaus seien besonders zynisch vor dem Hintergrund des Jahrestages der Befreiung von Butscha, wo russische Truppen Gräueltaten verübt hätten, teilte der SBU dem Internetportal «Ukrajinska Prawda» zufolge am Sonntag mit. Das Moskauer Ministerium vergesse auch, dass es einen Terrorstaat repräsentiere und der russische Präsident Wladimir Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben ist, hieß es.

Russland wirft dem ukrainischen Geheimdienst eine Vielzahl an Terroranschlägen und Verbrechen vor, darunter auch Attentate auf russische Propagandisten. Geheimdienstchef Maljuk hatte etwa eingeräumt, dass die Ukraine für den Anschlag vom Oktober 2022 auf die Kertsch-Brücke zu der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim verantwortlich sei.

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