Schütze tötete 14 Menschen an Prager Universität

Polizeipräsident

Feuerwehrfahrzeuge und Krankenwagen stehen am Ufer vor der Karlsuniversität. An einer Hochschule in der Prager Innenstadt sollen Schüsse gefallen sein. Foto: Deml Ondøej/Ctk/dpa
Feuerwehrfahrzeuge und Krankenwagen stehen am Ufer vor der Karlsuniversität. An einer Hochschule in der Prager Innenstadt sollen Schüsse gefallen sein. Foto: Deml Ondøej/Ctk/dpa

PRAG: Ein Schütze hat an einer Universität in der Prager Innenstadt das Feuer eröffnet und 14 Menschen getötet. Auch der mutmaßliche Täter sei tot, teilte Polizeipräsident Martin Vondrasek am Donnerstag mit. Man gehe davon aus, dass es sich um einen Studenten der Hochschule handele, der kurz zuvor seinen Vater ermordet habe und deswegen gesucht worden sei. Der junge Mann habe sich wahrscheinlich von Amokläufen im Ausland inspirieren lassen. Offizielle Informationen zu den Umständen seines Todes und einem möglichen Motiv gab es zunächst nicht.

Zuvor hatte die Polizei von mindestens 15 Toten gesprochen. Nach den neuen Angaben wurden 25 Menschen verletzt, davon mindestens zehn schwer bis lebensgefährlich. Der tschechische Innenminister Vit Rakusan sagte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen CT, es gebe keine Hinweise auf einen zweiten Täter oder auf einen terroristischen Hintergrund. Es habe sich um einen einsamen Schützen gehandelt, sagte Regierungschef Petr Fiala. Es dürfte der schlimmste Schusswaffenangriff in der Geschichte der seit 1993 unabhängigen Tschechischen Republik gewesen sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich tief bestürzt über die schrecklichen Nachrichten aus Prag. «Unsere Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer, unser Mitgefühl gilt unseren tschechischen Freundinnen und Freunden», schrieb der SPD-Politiker beim Kurznachrichtendienst X. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die sinnlose Gewalt. Ähnlich äußerten sich die Präsidenten Frankreichs, der Slowakei, der Ukraine und Israels sowie zahlreiche weitere Spitzenpolitiker.

Zu den Schüssen kam es an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität am Jan-Palach-Platz. Innerhalb kurzer Zeit traf ein Großaufgebot der Polizei ein, darunter Spezialkräfte. Der Jan-Palach-Platz ist nur wenige Hundert Meter von der bekannten Karlsbrücke entfernt, dem Wahrzeichen der Stadt an der Moldau.

Die Polizei rief die Menschen auf, die Gegend weiträumig zu meiden und sperrte den Platz ab. Anwohner sollten nicht aus dem Haus gehen. Auf Fotos war zu sehen, wie Studenten das Universitätsgebäude mit erhobenen Armen verließen. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Nova soll sich der Schütze zuletzt auf dem Dach des Fakultätsgebäudes aufgehalten haben. Auch eine Explosion sei demnach zu hören gewesen.

Studenten und Mitarbeiter der Universität teilten in den sozialen Medien mit, dass sie sich in Hörsälen und Büros verbarrikadiert hätten. Andere kletterten aus dem Fenster und stellten sich auf den Dachsims, um sich vor dem Schützen zu verbergen. Die Studenten und Hochschulmitarbeiter wurden bis zum frühen Abend aus dem Gebäude gebracht. Der Rettungsdienst schickte Rettungswagen, Notärzte und einen Großraumrettungswagen zum Einsatzort.

Die Karls-Universität wurde 1348 gegründet und zählt damit zu den ältesten europäischen Universitäten. Sie hat rund 49.500 Studentinnen und Studenten. Davon studieren rund 8000 an der Philosophischen Fakultät Fächer wie Germanistik, Slawistik, Geschichtswissenschaft.

Der tschechische Präsident Petr Pavel sprach den Angehörigen der Getöteten sein Beileid aus. Er dankte den Bürgern beim Kurznachrichtendienst X am Donnerstag dafür, dass sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte gefolgt seien. Wie das Büro des Staatsoberhaupts mitteilte, brach Pavel seinen derzeitigen Frankreich-Besuch ab, um vorzeitig nach Tschechien zurückzukehren.

Ministerpräsident Fiala brach einen Arbeitsbesuch in Mähren ab. «Aufgrund der tragischen Ereignisse habe ich mein Arbeitsprogramm in Olomouc abgesagt und werde nach Prag zurückkehren», teilte der liberalkonservative Politiker mit. Am späten Abend sollte das Kabinett zu einer Krisensitzung zusammenkommen.

Der Prager Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda zeigte sich schockiert. «Das ist eine Tragödie», sagte er dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen CT. «Das Schlimmste daran ist, dass diese Dinge nicht zu verhindern sind.» Viele dächten, so etwas könne nur in den USA passieren, weil viele dort bewaffnet seien. Es zeige sich, dass dem nicht so sei.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, die Nachricht über die tödlichen Schüsse habe ihn zutiefst erschüttert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte ebenfalls bei X: «All unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt unseren tschechischen Nachbarn und Freunden in dieser schweren Stunde.» Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte: «Ich bin erschüttert und in Gedanken bei unseren Nachbarn, bei den Opfern und ihren Angehörigen.»

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