Tschechien hält Staatstrauer

​Nach Schusswaffenattacke in Prag

Foto: EPA-EFE/Martin Divisek
Foto: EPA-EFE/Martin Divisek

PRAG: Nach dem Schock kommt die Trauer: Mit einer Schweigeminute und dem Geläut von Kirchenglocken hat Tschechien der Opfer der schweren Gewalttat an der Prager Karls-Universität gedacht. Es gibt erste Rufe nach Konsequenzen.

Mit einer eintägigen Staatstrauer hat Tschechien kurz vor Weihnachten der Toten und Verletzten nach dem verheerenden Schusswaffenangriff an der Prager Karls-Universität gedacht. An öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Rathäusern wehten die Fahnen am Samstag auf halbmast und waren mit einem schwarzen Band versehen. Um 12.00 Uhr mittags hielten die Menschen eine Schweigeminute ab. Im ganzen Land läuteten die Kirchenglocken. Die meisten Advents- und Kulturveranstaltungen wurden abgesagt. Die Fernsehsender änderten ihr Programm.

Ein Student hatte am Donnerstag im Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät in der Prager Innenstadt 14 Menschen getötet. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei erschoss er sich dann selbst. Er soll über ein ganzes Waffenarsenal verfügt haben. Bereits vor dieser Tat soll der 24-Jährige seinen Vater sowie vor einer Woche einen Spaziergänger und dessen Tochter getötet haben.

Im Veitsdom auf der Prager Burg fand ein zentraler Trauergottesdienst statt, an dem auch Präsident Petr Pavel teilnahm. Für jedes Opfer wurde eine Rose zum Altar gebracht. «Wir versuchen alle, ein Paradies auf Erden zu errichten, aber die Realität des Lebens zeigt uns, dass das Böse existiert», sagte der Prager Erzbischof Jan Graubner. Er forderte zudem Konsequenzen: «Wir stellen eine Zunahme der Depressionen und Suizide bei Kindern und jungen Menschen fest, aber wir reden nur davon, die Zahl der Psychiater zu erhöhen.»

Vor den Universitätsgebäuden in Prag legten Menschen weiter Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Derweil wurden die ersten Namen der Todesopfer bekannt gegeben, darunter den der Leiterin des Instituts für Musikwissenschaft der Karls-Universität, Lenka Hlavkova. Die Zeitung «Lidove noviny» machte den Tod einer Mitarbeiterin öffentlich, die an der Universität Gebärdensprache studierte.

Aus vielen Teilen der Welt trafen Bekundungen des Mitgefühls ein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb bei X (vormals Twitter): «Europa steht in dieser schwierigen Zeit bei euch.» In der Vergangenheit war Staatstrauer unter anderem 2011 nach dem Tod des früheren tschechoslowakischen und tschechischen Präsidenten Vaclav Havel ausgerufen worden.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.