Polizeieinsätze nach Enthauptung eines Lehrers

​Staatsanwalt gibt Details bekannt

Französischer Präsident Emmanuel Macron (hinten) im Gespräch mit dem französischen Bildungsminister Jean-Michel Blanquer (R) vor einer Mittelschule in Conflans Saint-Honorine. Foto: epa/Abdulmonam Eassa
Französischer Präsident Emmanuel Macron (hinten) im Gespräch mit dem französischen Bildungsminister Jean-Michel Blanquer (R) vor einer Mittelschule in Conflans Saint-Honorine. Foto: epa/Abdulmonam Eassa

PARIS: In Frankreich laufen nach der brutalen Ermordung eines Lehrers zahlreiche Polizeieinsätze gegen Islamisten. Sie würden sich gegen «Dutzende Personen» aus dem radikalisierten Milieu richten, sagte Innenminister Gérald Darmanin am Montagmorgen. Derartige Polizeieinsätze würden auch in den kommenden Tagen fortgesetzt.

Im französischen Verteidigungsrat unter Vorsitz von Präsident Emmanuel Macron war am Sonntagabend beschlossen worden, stärker gegen Radikalisierung vorzugehen und auch den Hass im Netz noch stärker in den Blick zu nehmen.

Seit der Ermordung des Lehrers seien rund 80 Beschwerden gegen die Verbreitung von Hass im Internet eröffnet worden, sagte der Minister. Es handle sich dabei etwa um Nachrichten, die die Tat des 18-jährigen Angreifers verherrlicht hätten. Darmanin kündigte auch an, in dieser Woche etliche Verbände in den Blick zu nehmen.

Darmanin sprach auch davon, dass der Vater, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte, und andere «eine Fatwa gegen den den Lehrer erlassen» hätten. Es gebe kein anderes Wort, sagte Darmanin. Eine Fatwa ist im Islam eine Rechtsauskunft, um ein religiöses oder rechtliches Problem zu klären. Weltweit negative Schlagzeilen machte der Begriff, als der iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini 1989 eine Todesdrohung gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdie wegen Gotteslästerung aussprach.

Der Lehrer war am Freitagvormittag in einem Vorort von Paris brutal ermordet worden. Der Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln wurde von der Polizei erschossen. Kurz nach der Tat hatte dieser im Netz noch damit geprahlt und geschrieben, der Pädagoge habe den Propheten Mohammed herabgesetzt.

Der 47-jährige Geschichtslehrer Samuel Paty hatte zum Thema Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt. Daraufhin hatte der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen ihn mobilisiert. Macron nannte die Tat einen islamistischen Terrorakt.


Entsetzten nach Ermordung eines Lehrers - mehrere Festnahmen

PARIS: Mitten auf der Straße wird ein Lehrer auf brutale Weise aus dem Leben gerissen. Die Ermittler gehen von islamistischem Terror aus - erst vor wenigen Wochen hatte ein Mann in Paris Menschen mit einem Messer angegriffen. Dieses Mal trifft es das Herz der Republik: die Bildung.

Nach der mutmaßlich terroristisch motivierten Ermordung eines Lehrers in einem Pariser Vorort herrscht in Frankreich riesiges Entsetzen. Er ist ersten Erkenntnissen nach enthauptet worden. Die Polizei nahm aus dem Umkreis des mutmaßlichen Täters mehrere Menschen fest, wie die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur am Samstag bestätigte. Der mutmaßliche Angreifer selbst war bereits am Freitag von der Polizei getötet worden. Die Staatsanwaltschaft wollte sich am Nachmittag äußern.

«Mein erstes Gefühl ist zunächst einmal Angst, aber ich glaube, es ist genau das, wonach diese Terroristen suchen», sagte die Beigeordnete Ministerin im Innenministerium, Marlène Schiappa, dem Sender Franceinfo. «Die Schule bildet den freien Geist, aufgeklärte Bürger - und genau das ist es, was die Islamisten, die von Dummheit, Unwissenheit, Indoktrination und Hass leben, nicht tolerieren können.»

Die grausame Tat hatte sich am Freitagnachmittag im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine ereignet. Dort soll der Geschichtslehrer auf offener Straße von dem Angreifer attackiert worden sein. Präsident Emmanuel Macron hatte sich noch am Abend zum Tatort aufgemacht, in einer kurzen Erklärung aber keine Details zur Tat genannt. Der sichtlich erschütterte Macron nannte den Angriff einen islamistischen Terrorakt. Sowohl der Bürgermeister des Ortes als auch Schiappa sprachen von einer Enthauptung.

Insgesamt waren am Samstag neun Menschen in Polizeigewahrsam. Berichten nach soll es sich um Angehörige des mutmaßlichen Täters sowie andere Personen handeln. Der mutmaßliche Täter ist laut Medien ein 18-jähriger Tschetschene, der in Moskau geboren wurde. Er soll nach der Tat im Netz mit dem Tod des Mannes geprahlt haben und war Schiappa zufolge den Geheimdiensten vorher nicht bekannt.

Über das Motiv der Tat wird in Frankreich spekuliert. Der Lehrer soll im Unterricht beim Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt haben. Schon zuvor hatten Islamisten in Frankreich und anderen Staaten wegen solcher Karikaturen gemordet. An der Schule habe es auch Unmut darüber gegeben; der Lehrer sei bedroht worden, berichtete der Sender Franceinfo. Der Vater eines 13-Jährigen sagte dem Sender France Inter, dass der Lehrer muslimische Schüler gefragt habe, ob sie den Raum verlassen wollten, bevor er die Bilder zeigte. Der Lehrer sei nicht «herablassend oder respektlos» gewesen.

Macron hatte sich bereits am Freitagabend sehr deutlich hinter die Lehrkräfte gestellt. Es sei kein Zufall, dass ein Terrorist ausgerechnet einen Lehrer ermordet habe, weil er das Land in seinen Werten habe angreifen wollen, sagte der Staatschef. Aus Élyséekreisen hieß es, dass eine nationale Gedenkfeier geplant sei. Das Datum stehe allerdings noch nicht fest.

Im Kampf gegen radikalen Islamismus hatte der Staatschef zuletzt vor allem auf die Bildung als zentrales Element gesetzt. Der Fernunterricht von Kindern, die zu Hause bleiben, solle vom kommenden Sommer an strikt eingegrenzt werden, kündigte Macron Anfang Oktober an. Ausnahmen solle es nur noch aus Gesundheitsgründen geben. Unterricht sei vom Alter von drei Jahren an verpflichtend.

Erst vor wenigen Wochen hatte es vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude des Satiremagazins «Charlie Hebdo» in Paris eine Messerattacke gegeben. Dabei wurden zwei Menschen verletzt - auch hier hat der Täter veröffentlichte Mohammed-Karikaturen als Motiv für die Tat angegeben.

Auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» hatte es im Januar 2015 einen verheerenden Mordanschlag gegeben, bei dem die wichtigsten Zeichner des Blattes getötet wurden. Aktuell läuft in Paris der Prozess gegen mutmaßliche Helfer der islamistischen Terrorserie im Januar 2015, bei der insgesamt 17 Menschen getötet wurden.

Frankreich wird seit Jahren von islamistischen Anschlägen erschüttert - dabei starben mehr als 250 Menschen. Daher ist die Terrorgefahr fast ständig im Bewusstsein der Menschen. Frankreichs Regierung hat den Kampf gegen den Terror zu einer Priorität gemacht und warnt immer wieder, dass die Gefahr von Terrorangriffen sehr hoch sei.

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Francis Light 19.10.20 15:37
Merkel und Co haben seit 2015 mit ihrem "Welcome Regugees" dazu beigetragen, dass sie Sache aus dem Ruder gelaufen ist. Europa wird gezielt islamisiert. Thilo Sarazin hat zu 100% recht, Merkel erfreut sich noch daran.
Dracomir Pires 18.10.20 16:52
"Terrorismus"?
Dieses Wort ist sehr stark verallgemeinernd und lenkt von der wahren Gefahr ab: dem ISLSAMISMUS. Es handelt sich erwiesenermassen um einen islamistischen Mordanschlag.