Putin erst zur Hochzeit in Österreich und dann bei Merkel im Schloss

Der russische Präsident Wladimir Putin. Foto: epa/Alexey Nikolsky
Der russische Präsident Wladimir Putin. Foto: epa/Alexey Nikolsky

BERLIN (dpa) - Es ist eine sehr ungewöhnliche Reise, zu der Russlands Präsident am Samstag aufbricht. Erst geht es auf ein Weingut in der österreichischen Steiermark, dann auf ein Schloss in Brandenburg. Was sich nach Vergnügungsreise anhört, ist aber hochpolitisch.

Zum zweiten Mal innerhalb von gut drei Monaten kommen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin an diesem Samstag zu einem Gespräch über die Konflikte in Syrien und der Ostukraine zusammen. Weiteres Thema bei dem Treffen auf Schloss Meseberg bei Berlin wird der Streit mit den Nachbarländern über die Gas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland sein.

Unmittelbar vor seinem Besuch bei Merkel wird Putin bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl in der Steiermark erwartet.

Merkel und Putin hatten sich erst Mitte Mai im russischen Badeort Sotschi am Schwarzen Meer getroffen. Anschließend hatte Merkel Ende Juli den russischen Außenminister Sergej Lawrow und Generalstabschef Waleri Gerassimow in Berlin empfangen - ein ungewöhnlicher Vorgang. Dass jetzt schon wieder ein bilaterales Treffen stattfindet, wird als Zeichen der Entspannung gesehen. Die Beziehungen waren seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim vor vier Jahren schwer angeschlagen.

Es ist der erste bilaterale Besuch Putins in Deutschland seit 2014. Danach kam der russische Präsident nur noch zu zwei Gipfeltreffen, an denen auch andere Länder teilnahmen: zum G20-Gipfel in Hamburg 2017 und zu einem Ukraine-Gipfel in Berlin 2016.

Das Treffen auf Schloss Meseberg wird folgende Schwerpunkte haben:

- SYRIEN: Die syrische Regierung und Russland als ihre Schutzmacht wollen mit dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes beginnen. Sie hoffen, dass EU-Wirtschaftssanktionen gegen die Führung von Präsident Baschar al-Assad gelockert werden. Außerdem geht es um mögliche Finanzhilfen. Deutschland und andere westliche Länder bestehen bislang darauf, dass vorher der Konflikt politisch gelöst werden muss. So weit ist es noch nicht, und es sieht immer weniger danach aus, als würde der Krieg mit einem Abdanken Assads enden. Russland hat ihm seine Macht erhalten, mittlerweile kontrolliert er wieder zwei Drittel des Landes.

- UKRAINE: Die Feuergefechte zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Osten der Ukraine gehen weiter - mal stärker, mal schwächer. Auf dem Tisch liegt Putins Vorschlag von 2017, eine internationale Friedenstruppe in den Donbass zu schicken. Die Vorstellungen davon, welchen Auftrag sie haben soll, gehen aber weit auseinander. Die Bundesregierung bemüht sich dennoch zusammen mit Frankreich, den Vermittlungsprozess zwischen Russland und der Ukraine wieder anzuschieben. Heiko Maas hatte dazu vor wenigen Wochen zum ersten Außenministertreffen seit mehr als einem Jahr nach Berlin eingeladen - aber zunächst einmal ohne zählbaren Erfolg.

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff erhofft sich nun Fortschritte in der Ukraine-Krise. Merkel sollte die deutsche Bereitschaft bekräftigen, zu einer Einigung über eine UN-Blauhelmmission für die Ostukraine zu kommen, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag der Deutschen Presse-Agentur. «Es reicht nicht, eine solche Mission nur an der Kontaktlinie zu stationieren», betonte er aber. Die Truppe müsse die gesamte Konfliktregion betreten, beobachten und langfristig befrieden können.

In Sachen Syrien betonte Lambsdorff, dass alle Bevölkerungsgruppen in die Gestaltung der Zukunft des Landes eingebunden werden müssten. «Nach einem Ende der Kampfhandlungen steht Russland in der Verantwortung, den Übergang zu einem Friedens- und Verfassungsprozess in Syrien zu ermöglichen», sagte er. «Dieser kann in einem Vielvölkerstaat wie Syrien nur erfolgreich sein, wenn er unter Einbindung aller Bevölkerungsgruppen stattfindet.»

Zu Kneissls Hochzeit, die Medienberichten zufolge auf einem Weingut in der in der Steiermark stattfindet, nimmt Putin einen Kosaken-Chor mit. Rund 100 Gäste sind geladen, darunter auch Kanzler Sebastian Kurz sowie Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Rein privater Natur ist auch dieser Besuch nicht. Die Einladung Kneissls an Putin hat für Irritationen gesorgt, da die beiden sich noch nicht besonders lange kennen - wahrscheinlich erst seit wenigen Monaten. Kritiker meinen daher, Putin könnte den Besuch politisch instrumentalisieren.

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck, sieht darin ein «subtiles Signal» Putins. «Er gibt zu verstehen, dass andere darauf warten, die Beziehungen zu Russland zu verbessern. Und Österreich ist derzeit Ratsvorsitzender der EU», sagte der frühere SPD-Vorsitzende der «Passauer Neuen Presse» (Samstag).

Er verteidigte auch die vor allem von den Ostsee-Anrainern und den USA kritisierte deutsch-russische Gas-Pipeline Nord Stream 2. «In der Summe ist diese Leitung für Europa eine gute Sache», sagte Platzeck. «Deutschland begibt sich mit der Pipeline nicht in die Klauen eines Bären.»

Kritisch äußerte sich dagegen der Wirtschaftsforscher Marcel Fratzscher. «Weder Deutschland noch Europa brauchen die neue Gaspipeline aus Russland. Diese erhöht lediglich die Abhängigkeit von Russland», sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag).

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Ingo Kerp 18.08.18 13:19
Was wird es werden in Meseburg? Wieder das Vortragen der abgedroschenen Phrasen von Merkel oder mal ein konstruktives Gespräch mit Annäherung. Man sollte kapiert und gelernt haben, das die Vorwürfe und Sanktionen bezügl. der Krim etc. zu keinem Ergebnis geführt haben und das als ein innerrussisches Thema begreifen.