Buschmann lehnt EU-Pläne ab

​Politiker warnen vor «Chatkontrolle» 

Bundesminister der Justiz Marco Buschmann. Foto: epa/Clemens Bilan
Bundesminister der Justiz Marco Buschmann. Foto: epa/Clemens Bilan

BRÜSSEL: Das oft als «Chatkontrolle» bezeichnete Vorhaben verhindern - das ist das Ziel eines offenen Briefes von Politikerinnen und Politikern aus Europa. Auch der Bundesjustizminister stemmt sich dagegen.

In einem offenen Brief haben 36 Politikerinnen und Politiker aus Europa an die EU-Mitgliedstaaten appelliert, gegen die sogenannte Chatkontrolle zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder zu stimmen. Man sei davon überzeugt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen mit den europäischen Grundrechten unvereinbar seien, hieß es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorlag.

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach sich erneut vehement gegen die EU-Pläne aus. Er sagte am Mittwoch, die Chatkontrolle bedeute «nichts anderes als das anlasslose und massenhafte Scannen - selbst verschlüsselter - privater Kommunikation». Auch viele Daten in einer Cloud könnten so ohne konkreten Tatverdacht durchforstet werden. Ein derart schwerer Eingriff in die Privatsphäre der Bürger wäre unverhältnismäßig.

«Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass ich einem staatlichen Aufseher etwa mein Fotoalbum zur Vorabkontrolle vorlegen müsste, bevor ich einem Freund meine jüngsten Urlaubsfotos zeige», fügte er hinzu. Buschmann betonte: «Die Bundesregierung wird der Chatkontrolle nicht zustimmen.» Sollte der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten das Vorhaben am Donnerstag dennoch durchwinken, «werden wir in den Trilog-Verhandlungen uns mit aller Kraft einbringen».

Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des offenen Briefes gehören unter anderem die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und ihr Parteikollege Konstantin Kuhle sowie Konstantin von Notz und Emilia Fester von den Grünen. Neben Politikern aus nationalen Parlamenten wie beispielsweise Deutschland und Österreich unterzeichneten auch Europaabgeordnete das Papier.

Darin hieß es weiter: «Wir setzen uns für den Schutz des Rechts auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets sowie für die Stärkung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein.» Alle verhandelnden Regierungen würden dringend dazu aufgerufen, die aktuellen Pläne abzulehnen.

Die EU-Kommission hatte 2022 einen Vorschlag vorgelegt, wonach Anbieter wie Google oder Facebook unter bestimmten Umständen verpflichtet werden können, ihre Dienste mithilfe von Software nach Missbrauchsdarstellungen von Kindern zu durchsuchen. Kritiker sprechen von einer «Chatkontrolle» und fürchten Massenüberwachung. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat Bedenken.

Den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zufolge ist ein Ansatz nötig, der unter anderem den Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch in den Vordergrund stellt. Außerdem seien mehr Ressourcen und eine gezieltere Koordinierung der europäischen Strafverfolgungsbehörden nötig.

«Anstatt Kinder effektiv vor sexualisierter Gewalt im Netz zu schützen, greift der Kompromissentwurf auch weiterhin massiv in den Schutz der digitalen Privatsphäre aller ein», sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete und deutscher Mitinitiator Tobias Bacherle der dpa. Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und ebenfalls Mitinitiator, Maximilian Funke-Kaiser, sagte, die «Chatkontrolle» schaffe keine zusätzliche Sicherheit für Kinder, sondern führe zum Ende der privaten Kommunikation über Messenger, wie man sie kenne.

Am Donnerstag wollen sich die EU-Staaten erneut mit dem Thema befassen.

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