Polen präsentiert EU-Partnern Plan für Ende von Justizstreit

Vera Jourova (vorne, C) spricht mit der Presse während der Tagung des EU-Rates für Allgemeine Angelegenheiten in Brüssel. Foto: epa/Olivier Matthys
Vera Jourova (vorne, C) spricht mit der Presse während der Tagung des EU-Rates für Allgemeine Angelegenheiten in Brüssel. Foto: epa/Olivier Matthys

BRÜSSEL: Jahrelang wurden Polen schwerwiegende Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen. Die neue Regierung will Defizite jetzt beheben - es geht dabei auch um viel EU-Geld.

Die neue polnische Regierung hat den EU-Partnern einen Reformplan für die Beseitigung von rechtsstaatlichen Defiziten präsentiert. Das am Dienstag bei einem Ministertreffen in Brüssel vorgestellte Konzept soll es ermöglichen, ein 2017 eingeleitetes Verfahren wegen der mutmaßlichen Verletzung von EU-Werten zu beenden. Dieses hätte am Ende sogar mit einem Entzug der Stimmrechte bei EU-Entscheidungen enden können.

Der Plan sei von den übrigen Mitgliedsländern positiv aufgenommen worden, sagte Polens Justizminister Adam Bodnar laut Nachrichtenagentur PAP. Seiner Einschätzung nach vertrauen die übrigen EU-Länder, dass die neue Regierung in Warschau bei den anstehenden Veränderungen «berechenbar und nach den grundlegenden Standards der Rechtsstaatlichkeit vorgehen wird. «Für diesen Vertrauensvorschuss bin ich den Mitgliedstaaten sehr dankbar.»

Die für die Prüfung von Reformen zuständige EU-Kommission zeigte sich nach der Vorstellung optimistisch, dass mit dem Plan die Unabhängigkeit der Justiz in Polen wieder hergestellt werden kann. Zugleich betonte Vizepräsidentin Vera Jourova, dass vor Polen noch viel Arbeit liege. Die Liste der Defizite sei umfassend.

Kritisiert wurde von der EU zuletzt unter anderem ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Politik einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu ignorieren. Die bisherige nationalkonservative PiS-Regierung hatte zudem höchst umstrittene Justizreformen vorgenommen, die auch aus Sicht des EuGH die Unabhängigkeit der dortigen Richter gefährden.

Polens neuer Ministerpräsident Donald Tusk will die Reformen nun mit seiner Koalitionsregierung wieder entschärfen. Dies soll auch zu einer Freigabe von derzeit blockierten EU-Geldern in Milliardenhöhe führen.

Die deutsche Europastaatsministerin Anna Lührmann bezeichnete die Pläne bei dem Ministertreffen in Brüssel als gute Nachricht. «Die polnische Regierung zeigt damit, dass sie wirklich sehr daran interessiert ist, die bestehenden Defizite zur Rechtsstaatlichkeit zügig abzubauen», kommentierte die im Auswärtigen Amt tätige Grünen-Politikerin. Sie habe große Hoffnung, dass die polnische Regierung jetzt wirklich zügig die notwendigen Schritte angehe, die nötigen Gesetze vorlege und neue Richterinnen und Richter ernenne.

Wann das sogenannte Artikel-7-Verfahren gegen Polen beendet werden könnte, blieb am Dienstag offen. Kommissionsvizepräsidentin Jourova sagte, sie hoffe, dass es noch in ihrer Amtszeit gelinge. Sie endet offiziell am 31. Oktober.

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