Neues Zentrum will Beweise für Russlands Aggression sammeln

Außenansicht von Eurojust nach einer Pressekonferenz über das internationale Zentrum, das zur Verfolgung der russischen Aggression gegen die Ukraine (ICPA) eingerichtet wird, in Den Haag. Foto: epa/Koen Van Weel
Außenansicht von Eurojust nach einer Pressekonferenz über das internationale Zentrum, das zur Verfolgung der russischen Aggression gegen die Ukraine (ICPA) eingerichtet wird, in Den Haag. Foto: epa/Koen Van Weel

DEN HAAG: In Den Haag sollen künftig Beweise für den russischen Angriffskrieg gesammelt werden. Damit könnte eine wichtige juristische Lücke geschlossen und der Weg für ein Sondertribunal bereitet werden.

Westliche Staaten setzen ein weiteres klares Zeichen zur strafrechtlichen Verfolgung Russlands wegen des Angriffskriegs in der Ukraine: Am Montag eröffnete die EU-Justizbehörde Eurojust zusammen mit Partnern in Den Haag ein internationales Strafverfolgungszentrum, wo Beweise speziell zur Verfolgung russischer «Aggression» gesammelt und gezielt Anklagen gegen mutmaßliche Täter vorbereitet werden sollen. «Wir werden nichts unversucht lassen, um Putin und seine Handlanger zur Rechenschaft zu ziehen», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das Zentrum werde eine Schlüsselrolle dabei spielen, dass die Täter auch wegen des Verbrechens der Aggression vor Gericht gestellt werden können.

Bereits kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 wurde die Welt aufgeschreckt von Berichten über Kriegsverbrechen - Folter, Vergewaltigungen, Morde. Die ukrainische Staatsanwaltschaft stellte bis heute mehr als 70.000 mutmaßliche Kriegsverbrechen fest, es wurden mehr als 300 Anklagen erhoben und auch bereits Urteile gefällt. In 17 weiteren Ländern laufen ebenfalls strafrechtliche Ermittlungen.

Der Internationale Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag leitete kurz nach der russischen Invasion Ermittlungen zu Kriegsverbrechen ein. Chefankläger Karim Khan schickte die größte Gruppe an Ermittlern ins Kriegsgebiet, die der Gerichtshof je entsandt hatte. Außerdem wurde ein eigenes Büro in Kiew eröffnet. Khan erließ auch bereits Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie die russische Kinderrechtsbeauftragte wegen der mutmaßlichen Verschleppung von ukrainischen Kindern nach Russland.

Russland erkennt das Weltstrafgericht allerdings nicht an. Auch die Ukraine ist zwar kein Vertragsstaat, aber hatte in der Vergangenheit die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt. Daher darf das Gericht nun auch zu Verbrechen auf ukrainischem Grundgebiet ermitteln. Doch das gilt nur für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord - aber nicht für den Straftatbestand der Aggression.

Hier soll nun das neu gegründete Zentrum ansetzen und die Lücke schließen. Beteiligt sind die Ukraine, mehrere EU-Staaten, aber auch der Internationale Strafgerichtshof. Unterstützt wird das Projekt von den USA und der EU-Kommission. Im Zentrum sollen Hinweise zur Planung, Vorbereitung und Durchführung der russischen Aggression gebündelt werden, damit später bei einem möglichen Prozess die Ankläger davon profitieren können. Das könnten nationale Gerichtsverfahren sein, aber unter Umständen auch ein Sondertribunal, das immer wieder von der Ukraine gefordert und auch von der Bundesregierung unterstützt wird. Die Einrichtung eines solchen Tribunals gilt bislang als rechtlich schwierig.

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