Läbder beschließen Verteidigungsbündnis

Foto: epa-efe/Issifou Djibo
Foto: epa-efe/Issifou Djibo

BAMAKO: Die drei Staaten in Westafrika kämpfen in ihrem gemeinsamen Grenzgebiet seit Jahren gegen Islamisten und rücken nach Putschen zunehmend von einstigen demokratischen Verbündeten ab. Der neue Schritt spielt Russlands Einfluss in der Region in die Hände.

Die vom Militär regierten westafrikanischen Staaten Mali, Niger und Burkina Faso haben sich zu einem Verteidigungsbündnis zusammengeschlossen. Ziel der sogenannten Allianz der Sahel-Staaten sei «die Schaffung einer Architektur der kollektiven Verteidigung und der gegenseitigen Unterstützung der Vertragsparteien», heißt es in einer Charta, die von Ministern der drei Staaten am Samstag in Malis Hauptstadt Bamako vorgestellt wurde. Malis Übergangspräsident Oberst Assimi Goïta, Burkina Fasos Übergangspräsident Kapitän Ibrahim Traoré und Nigers Juntachef General Abdourahamane Tiani ließen jeweils Fotos veröffentlichen, die sie bei der Unterzeichnung der Charta abbilden.

Mali, Burkina Faso und der Niger liegen in der Sahelzone am südlichen Rand der Sahara und werden seit Jahren vor allem in ihrem gemeinsamen Grenzgebiet von islamistischen Terrorgruppen heimgesucht, die blutige Anschläge gegen Zivilisten verüben und zunehmend Territorium kontrollieren. In allen drei Staaten sind nach Militärputschen selbst ernannte Übergangsregierungen an der Macht - in Mali seit 2021, in Burkina Faso seit vergangenem Jahr und im Niger seit diesem Juli.

Mali und Burkina Faso hatten sich bereits an die Seite des Nigers gestellt, als die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas nach dem Putsch dort mit einer Militärintervention drohte. Alle drei Staaten haben sich im Streit von der Ex-Kolonialmacht Frankreich abgewandt, die zuvor mit Militärhilfe aktiv war. Mali setzt im Kampf gegen Terroristen auf russische Söldner der Wagner-Gruppe und hat den Abzug der rund 12.000 UN-Blauhelmsoldaten gefordert, die seit mehr als zehn Jahren im Rahmen einer Stabilisierungsmission im Land waren.

In der Charta verpflichten sich die Staaten, Terrorismus und organisierte Kriminalität zu bekämpfen. «Jede Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität einer oder mehrerer Vertragsparteien wird als Aggression gegen die anderen Vertragsparteien angesehen und verpflichtet alle Vertragsparteien zu Beistand und Abhilfe ... einschließlich der Anwendung von Waffengewalt», heißt es darin.

Die Sicherheitslage droht sich in allen Ländern deutlich zu verschlechtern. Im Zuge des Abzugs der UN-Friedensmission Minusma aus Mali bis Jahresende kommt es bereits jetzt zu mehr Angriffen von Dschihadisten. Zudem droht ein erneuter Ausbruch des Konflikts mit den separatistischen Tuareg. Im Niger, das letzter demokratischer Partner der USA und europäischer Staaten in der Region war, liegt seit dem Putsch die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern großteils auf Eis.

Die drei Staaten waren gemeinsam mit Mauretanien und dem Tschad zuvor bereits in dem von Frankreich angestoßenen Bündnis G5 Sahel zur Anti-Terror-Bekämpfung zusammengeschlossen. Der Putsch in Mali 2021 beendete die militärische Zusammenarbeit jedoch praktisch, Mali trat anschließend auch formell aus.

«Die neue Allianz wird erstmal kaum praktische Auswirkungen haben. Die Bedeutung liegt eher in der Symbolik», sagte der Sahel-Regionalbüroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, Ulf Laessing. «Die drei Staaten wollen Eigenständigkeit vom Westen und insbesondere Frankreich beweisen.» Auffällig sei der Zeitpunkt der Gründung kurz nach einem Besuch des russischen Vize-Verteidigungsministers Junus-Bek Jewkurow in Mali und Burkina Faso Anfang September. «Mali und Burkina Faso sehen sich als Verbündete Russlands und versuchen, die Putschisten im Niger in diese neue Achse einzubeziehen. Dazu ist die neue Allianz ein erster Schritt», sagte Laessing.

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Thomas Sylten 18.09.23 00:00
Diese Länder wenden sich von ihren "einstigen demokratischen Verbündeten ab", weil sie die brutale postkolonialistische Rohstoffausbeutung dieser "Verbündeten" leid sind.
Ob sie die Chance haben, sich mit dem neuen Verbündeten Russland besser und freier zu entwickeln, darf zwar zu recht bezweifelt werden -
aber die Situation zeigt das Dilemma auf, in welchem sich afrikanische (und andere Drittwelt-) Staaten derzeit befinden: Ehrliche, auf Augenhöhe kooperierende Partner sind für ehemalige Kolonien nicht einfach zu finden.
Das sollte (m.E.) vor Allem den "freien Westen" mit seinen angeblichen zivilisatorischen Ansprüchen beschämen.