Lückenkemper weit weg vom WM-Finale

Abuaku wie einst Schmid

Weltmeisterschaft, 100m, Frauen, Halbfinale, Nationales Leichtathletikzentrum: Michelle-Lee Ahye (l, Trinidad und Tobago) und Gina Lückenkemper (Deutschland) in Aktion. Foto: Marcus Brandt/dpa
Weltmeisterschaft, 100m, Frauen, Halbfinale, Nationales Leichtathletikzentrum: Michelle-Lee Ahye (l, Trinidad und Tobago) und Gina Lückenkemper (Deutschland) in Aktion. Foto: Marcus Brandt/dpa

BUDAPEST: Wieder wird es nichts für Gina Lückenkemper mit dem ersten WM-Einzelfinale. Im Halbfinale über 100 Meter ist Schluss in Budapest. Ein deutscher Hürdenläufer schafft, was zuletzt Harald Schmid gelang.

Gina Lückenkempers langer Blick zur Anzeigetafel wirkte wie das Hoffen auf ein Wunder. Doch schon beim Zieleinlauf war klar, dass der fünfte Platz im 100-Meter-Halbfinale und 11,18 Sekunden viel zu wenig für den ersten Einzug in den Endlauf einer Weltmeisterschaft waren. «Es war definitiv eine andere WM, als ich mir das vorgenommen habe», sagte die mit leichten Rückenproblemen kämpfende Deutsche am Montagabend in Budapest, als sich ihre Kontrahentinnen noch auf das Finale vorbereiteten.

Den Titel holte erstmals Sha'Carri Richardson aus den USA in WM-Bestzeit von 10,65 Sekunden. Dahinter landeten Shericka Jackson aus Jamaika in 10,72 Sekunden und Titelverteidigerin Shelly-Ann Fraser-Pryce in 10,77 Sekunden. Die 36-Jährige war zuvor insgesamt fünfmal zu WM-Gold über die Königsstrecke im Sprint gestürmt.

Lückenkemper konnte ihre nach eigenen Worten offene Rechnung bei Weltmeisterschaften dagegen erneut nicht begleichen. Die deutsche Sprint-Königin schaffte es ein Jahr nach dem europäischen Doppel-Triumph nicht, an die glorreichen Abende von München anzuknüpfen. Damit bleibt Melanie Paschke die bislang letzte Deutsche in einem 100-Meter-Finale - das ist mittlerweile 26 Jahre her.

Nach dem Vorlauf am Sonntag, den sie in 11,21 Sekunden nur als Dritte beendete, hatte Lückenkemper von ihrem leichten Handicap berichtet. «Das mit dem Rückenproblem hat mich leider nicht komplett in Ruhe gelassen. Ich habe hinten raus die Hüfte verloren, und wenn man die Hüfte verliert, ist das Bockmist», sagte die 26-Jährige.

Nach ein paar Umarmungen mit den Kontrahentinnen verließ die deutsche «Sportlerin des Jahres» an einem über 30 Grad warmen August-Abend geschlagen das neue Leichtathletik-Stadion an der Donau.

«Nachdem das Einzel so gelaufen ist, wie es gelaufen ist, heißt es für mich 'jetzt erst recht' in der Staffel», betonte sie. Das Quartett kann in Budapest aus Verletzungsgründen aber nicht in der damaligen Besetzung antreten. Damit stehen die Chancen ein Jahr nach dem umjubelten EM-Gold von München auch dort schlecht.

Diskuswerfer Henrik Janssen stand zumindest im Finale und kam mit 63,80 Metern auf den achtbaren achten Rang. Den hochklassigen Wettbewerb gewann Olympiasieger Daniel Stahl aus Schweden im letzten Versuch mit der WM-Bestmarke von 71,46 Metern. Titelverteidiger Kristjan Ceh aus Slowenien war direkt zuvor mit 70,02 Metern in Führung gegangen. Dritter wurde Europameister Mykolas Alekna (68,85) aus Litauen.

Seinen Traum vom Finale erfüllte sich zuvor Joshua Abuaku. Als erster deutscher Läufer seit Harald Schmid vor 36 Jahren erreichte der Frankfurter den WM-Endlauf über 400 Meter Hürden. Der 27-Jährige wurde zwar in seinem Halbfinale in 48,39 Sekunden nur Vierter, ergatterte aber als einer der beiden zeitschnellsten, nicht direkt qualifizierten Teilnehmer das letzte Ticket. Halbfinal-Bester war Olympiasieger und Weltrekordler Karsten Warholm aus Norwegen in 47,09 Sekunden.

«Ich wollte unbedingt ins Finale. Ich bin unendlich dankbar», sagte Abuaku. Als bisher einziger deutscher Hürdenläufer über die 400 Meter hatte Schmid 1983 und 1987 das WM-Finale erreicht. Dabei gewann er Silber und Bronze. Der Name Schmid sage ihm «definitiv», etwas, erklärte Abuaku. «Ich weiß, dass auch zu dem deutschen Rekord noch ein bisschen Platz nach oben ist.» Schmids Marke steht seit 1982 bei 47,48 Sekunden.

Den Hürdensprint über 110 Meter entschied zum dritten Mal der Amerikaner Grant Holloway in 12,96 Sekunden für sich. Im Dreisprung triumphierte Hugues Fabrice Zango aus Burkina Faso mit 17,64 Metern.

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