Kritik an Schweizer Botschafterin nach Auftritt mit Tschador

Foto: Pixabay
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TEHERAN: Nach einem Besuch der religiösen Pilgerstadt Ghom im Iran steht die Schweizer Botschafterin Nadine Olivieri Lozano in der Kritik. In den sozialen Medien löste die Reise einen Aufschrei aus. Aktivisten kritisierten am Donnerstag, ein Besuch in Ghom, das als eines der wichtigsten Zentren der schiitischen Lehre und konservativer Hardliner gilt, sei unpassend angesichts der Unterdrückung der jüngsten Protestwelle durch die islamische Führung in Teheran. Das Schweizer Außenministerium verteidigte den Besuch.

Lozano wurde zudem dafür kritisiert, dass sie bei einem Besuch des heiligen Schreins der Fatima Masuma in Ghom einen traditionellen Tschador trug, einen Ganzkörperschleier. Frauen müssen sich bei dem Besuch des Schreins verhüllen. Die Botschafterin habe «das geltende Bekleidungs-Protokoll für Frauen eingehalten», so die Botschaft. Sie habe eine akademische Institution besucht, die im Bereich des interreligiösen Dialogs tätig sei. «Die Schweiz nutzt alle vorhandenen Kanäle, um den Dialog zu fördern», so das Ministerium.

Bilder der iranischen Nachrichtenagentur ISNA vom Mittwoch hatten die Diplomatin in dem Tschador gezeigt. Kritik kam etwa von der britisch-iranischen Schauspielerin und Aktivistin Nasanin Boniadi. «Westliche Abgeordnete fragen uns oft, wie sie die Menschen im Iran am besten unterstützen können», schrieb Boniadi auf Twitter. Konservative Verschleierung sei «genau das, was man nicht tun sollte», während mutige iranische Frauen «alles für die Freiheit riskieren». Im Iran gibt es seit September immer wieder Proteste gegen die repressive Führung und das islamische Herrschaftssystem. Frauen zeigen ihren Protest etwa dadurch, dass sie die islamischen Kleidungsvorschriften ignorieren.

Besuche der Sehenswürdigkeiten in den Gastländern von Diplomaten sind nichts Ungewöhnliches. Angesichts der Kritik am staatlichen Vorgehen gegen die jüngsten Proteste hatten viele westliche Botschafter jüngst öffentliche Auftritte mit Vertretern der islamischen Republik gemieden. Zahlreiche Botschaften etwa nahmen an den Feierlichkeiten rund um den Jahrestag der Revolution von 1979 nicht teil. Die Schweiz vertritt im Iran auch die Interessen der USA, die dort keine diplomatische Vertretung haben.

Das Außenministerium betonte, die Schweiz habe in den vergangenen Monaten «die Anwendung von Gewalt gegen die Demonstrierenden auf verschiedenen Ebenen mehrfach und unmissverständlich verurteilt».

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