Konservative und Rechtsnationale sondieren Allianz

PARIS: Bei der vorgezogenen Neuwahl der französischen Nationalversammlung sollen sich die konservativen Républicains nach dem Willen ihres Vorsitzenden mit dem rechtsnationalen Rassemblement National zusammentun. «Wir brauchen eine Allianz», sagte der Parteichef der Républicains, Éric Ciotti, am Dienstag im Sender TF1 nach Gesprächen mit der RN-Spitze. Ein Bündnis der Partei der bürgerlichen Rechten mit den Rechtsnationalen um Marine Le Pen wäre ein Bruch mit der Position, eine Brandmauer gegen die extreme Rechte aufrechtzuerhalten.

In der Nationalversammlung gehörten bislang 61 Abgeordnete zur Fraktion der Républicains. RN zählte 88 Abgeordnete. Auch zusammen genommen hatten beide Fraktionen damit weniger Abgeordnete als das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron mit 250 Abgeordneten. Für die absolute Mehrheit sind 289 Sitze im parlamentarischen Unterhaus nötig. Wie sich die Gewichtung bei der Neuwahl verschieben könnte, ist noch nicht abzusehen. Sollte ein anderes Lager als das von Macron die absolute Mehrheit bekommen, wäre der Präsident gezwungen, einen Premierminister aus dessen Reihen zu ernennen.

Konkret sagte Républicains-Chef Ciotti, er wolle, dass es in gewissen Wahlkreisen für Abgeordnete seiner Partei keine Gegenkandidaten des RN gebe. Er gestand ein, dass seine Partei, die sich seit Jahren in der Abwärtsspirale befindet, alleine keine Chance gegen das Präsidentenlager und das Linksbündnis hat. Wie viele aus der Partei hinter Ciottis Entscheidung stehen, ist unklar.

Zuvor hatte etwa der konservative Regionalpräsident von Hauts-de-France, Xavier Bertrand, gemahnt: «Die DNA der republikanischen Rechten ist niemals das Extreme, niemals der Front National, niemals Marine Le Pen.» Der Fraktionsvorsitzende der Konservativen in der Nationalversammlung, Olivier Marleix, forderte auf X sogleich den Rücktritt Ciottis. Der Parteivorsitzende spreche nur für sich selbst. Kritiker werfen Ciotti schon länger vor, immer wieder die Grenze zwischen Rechten und Rechtsnationalen verschwimmen zu lassen.

RN-Parteichef Jordan Bardella hatte die Konservativen zuvor zur Zusammenarbeit aufgerufen und angekündigt, seine Partei werde auch Kandidaten von den Républicains unterstützen.

Die Républicains sind eine Traditionspartei der bürgerlichen Rechten und stehen für eine wirtschaftsfreundliche Politik und eine Stärkung der inneren Sicherheit. Trotz in Teilen populistischer Strömungen sehen sie sich als prinzipiell proeuropäische Partei. Das RN hingegen wurde als Front National vom rechtsextremen Jean-Marie Le Pen gegründet. Seine Tochter Marine ist seit Jahren darum bemüht, ein gemäßigteres Bild abzugeben. Dennoch fordert die Partei etwa weniger Mitsprache von Brüssel und eine migrationsfeindliche Politik.

Macron hatte als Reaktion auf die herbe Niederlage seines Mitte-Lagers bei der Europawahl und den haushohen Sieg der Rechtsnationalen am Sonntagabend die Nationalversammlung aufgelöst und Parlamentsneuwahlen in zwei Wahlgängen für den 30. Juni und den 7. Juli angekündigt. Um Macrons Posten geht es bei der Wahl nicht.

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