Kinder-Massengrab in Kanada

​UN-Experten fordern Aufklärung

Ein Handout-Foto, zeigt eine Versammlung in der Kamloops Indian Residential School in Kamloops, British Columbia, Kanada. Foto: epa/National Center For Truth And Re
Ein Handout-Foto, zeigt eine Versammlung in der Kamloops Indian Residential School in Kamloops, British Columbia, Kanada. Foto: epa/National Center For Truth And Re

GENF: Der Fund schockierte über Grenzen hinweg: Auf dem Gelände eines früheren Internats für Ureinwohner in Kanada wurden Überreste von 215 Kinderleichen entdeckt. Die UN fordern eine umfassende Untersuchung, Indigene eine Entschuldigung des Vatikans. Auch Premier Trudeau ist empört.

Nach dem Fund eines Massengrabs mit Überresten von 215 Kindern auf dem Gelände eines früheren Internats für Indigene in Kanada haben UN-Menschenrechtsexperten am Freitag von der Regierung des Landes und dem Vatikan umfassende Aufklärung verlangt. Kanadas Premierminister Justin Trudeau rief seinerseits die katholische Kirche auf, für ihre Rolle in diesen Schulen Verantwortung zu übernehmen, wie die Nachrichtenagentur Canadian Press am Freitag (Ortszeit) berichtete. Rosanne Casimir, das Oberhaupt der Tk'emlups te Secwepemc First Nation in der westlichen Provinz British Columbia, forderte eine öffentliche Entschuldigung des Vatikans.

Das Massengrab in der Nähe der Stadt Kamloops in British Columbia war Ende Mai entdeckt worden. Es fand sich auf dem Gelände der Kamloops Residential School, einer Art Umerziehungslager für Kinder kanadischer Ureinwohner, das zwischen 1890 und 1978 in Betrieb gewesen war. Wann und woran die Kinder starben, ist noch nicht bekannt. Einige von ihnen wurden nur drei Jahre alt.

Die UN-Menschenrechtsexperten forderten in einer Stellungnahme Kanadas Regierung und den Vatikan auf, umfassende Untersuchungen zu den Todesumständen der Kinder und zu etwaigen Verantwortlichen zu veranlassen. Die Experten sprachen von «abscheulichen Verbrechen» und Menschenrechtsverstößen in den Internaten. Es wäre «schlicht unvorstellbar», wenn der kanadische Staat und der Vatikan die Verantwortlichen ungeschoren davonkommen ließen und sich nicht um eine umfassende Entschädigung kümmerten, hieß es. Ermittlungen seien an allen derartigen Einrichtungen in Kanada nötig, um Folter- und Missbrauchsvorwürfen nachzugehen und womöglich noch lebende Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen.

Auf der ersten Pressekonferenz seit dem Fund sagte Casimir am Freitag Medienberichten zufolge, ihre indigene Gemeinschaft habe sich kürzlich mit dem örtlichen katholischen Bischof getroffen - aber das reiche nicht. «Wir wollen eine Entschuldigung - eine öffentliche Entschuldigung, nicht nur für uns, sondern für den Rest der Welt», zitierte sie die kanadische Zeitung «The Globe and Mail». «Wir machen die Katholische Kirche dafür verantwortlich (...)».

Die Einrichtung bei Kamloops war nach Angaben von Indigenen die größte ihrer Art in Kanada. Vom 17. Jahrhundert bis in die 1990er wurden solche sogenannten Residential Schools von der Regierung verwaltet und finanziert. Betreiber waren größtenteils Kirchen und religiöse Organisationen.

Es handelt sich um eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Kanadas: Über Jahrzehnte riss die Regierung Tausende Söhne und Töchter aus ihren Familien und steckte sie in Internate. Dort sollten sie ihre Kultur vergessen - Feste, Lieder, Sprache, Religion - und die Traditionen der europäischen Einwanderer erlernen. Gewalt und sexueller Missbrauch waren praktisch an der Tagesordnung.

Der Missionsorden, der die Schule betrieb, habe seine internen Aufzeichnungen geheimgehalten, sagte Casimir weiter. Die Überreste scheinen von Kindern zu stammen, deren Tod nicht dokumentiert war und die in nicht gekennzeichnete Gräber gelegt wurden.

Auch Trudeau machte der katholischen Kirche schwere Vorwürfe. Sie sei ihrer Verantwortung nie gerecht geworden und stemme sich noch immer gegen eine rückhaltlose Aufklärung. Er sei «tief enttäuscht» vom Vorgehen der Kirche, die nun endlich Dokumente freigeben und die Opfer der Verbrechen entschädigen müsse.

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Rene Amiguet 06.06.21 17:30
Du sollst nicht
Im Namen Gottes Amen.
Ralph von Mühldorfer 06.06.21 13:50
das wäre nun ein Grund, den ganzen Laden zu
schließen. Doch das wird nicht passieren. Na ja - ich bin schon vor 40 Jahren ausgetreten.
Mein Vater hatte nicht den Mut dazu, er hatte Angst, in die Hölle zu kommen. er ist schon
lange gestorben und wurde wiedergeboren. Mal sehen, ob er es in seinem jetzigen Leben
irgendwann einmal schafft?