Bandengewalt bedroht Haiti

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Bandengewalt bedroht Haiti

PORT-AU-PRINCE/KINGSTON: Mächtige Banden wollen die Interimsregierung in Haiti stürzen. Ihre Gewalt hindert den Regierungschef an der Rückkehr. Der deutsche Botschafter und andere Diplomaten haben das Krisenland verlassen.

Die Regierungschefs karibischer Staaten und US-Außenminister Antony Blinken suchen einen Ausweg aus der Haiti-Krise. Dabei soll in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston am Montag ein Vorschlag diskutiert werden, wie ein politischer Übergang beschleunigt werden kann, wie ein Sprecher des US-Außenministeriums am Montag mitteilte.

Auch soll über die Entsendung einer multinationalen Sicherheitsmission gesprochen werden. Diese hatte der UN-Sicherheitsrat bereits im Oktober genehmigt. Kenia wollte die Führung übernehmen. Unter anderem wegen Problemen bei der Finanzierung und eines kenianischen Gerichtsurteils kam die Mission bislang nicht zustande.

Die Gewalt krimineller Banden, die laut UN bereits etwa 80 Prozent von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince kontrollierten, ist seit Ende Februar eskaliert. Ein Bündnis mächtiger Banden forderte den Rücktritt des Interims-Premierministers Ariel Henry. Dieser regiert seit der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse am 7. Juli 2021. Seitdem hat es keine Wahlen gegeben. Die Banden griffen unter anderem Polizeiwachen und Flughäfen an und befreiten mehr als 4500 Häftlinge aus Gefängnissen. Alle Flüge von und nach Haiti fielen seitdem aus, viele Geschäfte und Schulen blieben geschlossen. Henry kehrte von einer Auslandsreise, die ihn am 1. März nach Kenia führte, offensichtlich wegen der Sicherheitslage in Haiti bislang nicht zurück. Zuletzt flog er am 5. März nach Puerto Rico.

Wegen der Sicherheitslage verließen der deutsche Botschafter und alle ausländischen Mitarbeiter der EU-Vertretung am Sonntag den Karibikstaat. Das US-Militär flog nicht unbedingt notwendiges US-Botschaftspersonal aus.

Die Gewalt verschärfte auch die bereits prekäre humanitäre Lage. Binnen einer Woche mussten zuletzt nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) rund 15.000 Menschen ihr Zuhause verlassen. Damit seien insgesamt 362.000 Haitianer innerhalb des Landes vertrieben, mehr als die Hälfte davon Kinder.

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