Migranten von Schiff «Sea-Watch» können aussteigen

Foto: epa/Domenic Aquilina
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ROM (dpa) - Es ist die x-te Blockade und die x-te mühsam verhandelte Lösung: Die Migranten an Bord des Rettungsschiffs der deutschen Hilfsorganisation «Sea-Watch» dürfen an Land. Ein Grund zum Feiern für die EU ist es eher nicht.

Die Migranten an Bord des blockierten Rettungsschiffs der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch dürfen nach Angaben der italienische Regierung nach fast zwei Wochen an Land. Sieben EU-Länder hätten sich zur Aufnahme von Migranten bereiterklärt, sagte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte am Mittwoch. Neben Deutschland wollten Italien, Malta, Rumänien, Luxemburg, Portugal und Frankreich Geflüchtete von dem Schiff aufnehmen. Aus dem Innenministerium in Rom hieß es, die «Sea-Watch 3» habe die Anweisung bekommen, nach Catania auf Sizilien zu fahren.

Das Schiff hatte am 19. Januar 47 Migranten vor Libyen aufgenommen. Es lag zuletzt mehrere Tage vor der sizilianischen Küste bei Syrakus vor Anker, durfte aber nicht in den Hafen einfahren. Die Migranten sollten größtenteils in eine Erstaufnahmestelle in Messina kommen, so das Innenministerium.

Die EU-Kommission äußerte sich zurückhaltend: Man arbeite noch immer an einer Lösung und sei mit den EU-Staaten in Kontakt, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Die EU-Kommission hatte in Fällen wie diesem zuletzt mehrfach zwischen den EU-Ländern vermittelt und dabei geholfen, eine Lösung für die Verteilung der Migranten zu finden.

Die populistische Regierung in Rom hat seit ihrem Amtsantritt im Sommer vergangenen Jahres mehreren Rettungsschiffen die Einfahrt in die Häfen des Landes verwehrt. Sie pocht auf eine gerechte Verteilung der Migranten auf die EU-Staaten. Doch darauf kann sich die EU seit Jahren nicht einigen.

«Verteilungsfragen müssen an Land geklärt werden, und auch wenn es jetzt eine Lösung geben sollte, bleibt es eine moralische und politische Bankrotterklärung von Seiten der EU-Staaten», sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. An Bord waren auch 13 Minderjährige und 22 Crewmitglieder. Die hygienischen Zustände verschlechterten sich in den vergangenen Tagen enorm. Sea-Watch hatte auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde eingelegt.

Italiens rechter Innenminister Matteo Salvini bestand zunächst darauf, dass die Migranten nach Holland oder Deutschland gebracht werden, da die «Sea-Watch 3» unter niederländischer Flagge fährt, und es sich um eine deutsche NGO handelt. «Mission erfüllt», erklärte Salvini nun. Dank des Einsatzes der italienischen Regierung sei Europa gezwungen worden, Verantwortung zu übernehmen. Er forderte zugleich erneut Ermittlungen gegen Sea-Watch. Deren Verhalten müsse untersucht werden. «Italien ist nicht mehr bereit, Rückzugsort für alle Illegalen in Europa zu sein.»

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin erklärte, Deutschland habe sich wie auch in anderen Fällen für eine europäische Lösung eingesetzt und sich bereit erklärt, in diesem Rahmen Migranten zu übernehmen. Wie viele Migranten Deutschland aufnimmt, war zunächst unklar.

«Es muss Schluss damit sein, dass Rechtspopulisten (...) nicht zur Lösung von Problemen beitragen, aber ihre Kampagnen auf dem Rücken der Opfer austragen», sagte Udo Bullmann, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament, der in Syrakus war.

Italien und die EU unterstützen die libysche Küstenwache, damit diese Migranten in Seenot wieder zurück in das Bürgerkriegsland bringt. Dort drohen den Menschen jedoch in Lagern schwerste Misshandlungen.

Seit weniger Rettungsschiffe vor Libyen unterwegs sind, wird auch die Überfahrt immer gefährlicher. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes UNHCR stieg im vergangenen Jahr die Todesrate auf der zentralen Mittelmeerroute Richtung Italien und Malta - bei insgesamt deutlich gesunkenen Ankunftszahlen - fast auf das Dreifache: während 2017 ein Migrant auf 38 Ankömmlinge auf See umkam, war es im vergangenen Jahr ein Toter auf 14 Ankömmlinge. Wahrscheinlich habe die Einschränkung der Such- und Rettungsmissionen dazu beigetragen, so UNHCR. Zugleich kamen in absoluten Zahlen weniger Menschen um.

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