Italien erlaubt Regionen schnellere Corona-Lockerungen

Deutschland verliert in Italien an Ansehen

Ein Schild mit der Aufschrift
Ein Schild mit der Aufschrift "Es gibt keine Masken" wurde während der Phase 2 des Covid-19-Notfalls in Rom vor einer Apotheke aufgestellt. Foto: epa/Angelo Carconi

ROM: Die italienische Regierung gibt den 20 Regionen nach Politiker-Angaben mehr Spielraum für schnellere, gestaffelte Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Über diese Einigung berichtete der Präsident der Region Ligurien, Giovanni Toti, am Montagabend auf Twitter. Zuvor hatte es eine Videokonferenz zwischen Vertretern der Regionen, Ministerpräsident Giuseppe Conte und anderen Regierungsmitgliedern gegeben.

Italien hatte in der Covid-19-Krise am 4. Mai mit vorsichtigen Lockerungen der strengen Sperren begonnen. Vielen Regionen, in denen es weniger Neuinfektionen als etwa in der Lombardei gibt, ging die Aufhebung von Verboten im Bereich Wirtschaft nicht schnell genug. Ab dem 18. Mai könnten die Regionen zum Beispiel Bars und Restaurants öffnen, hieß es in Medienberichten. Allerdings behalte sich Rom ein Eingreifen und einen Stopp vor, wenn die Infektionszahlen wieder anstiegen.

«Ab 18. Mai werden wir in der Lage sein, Aktivitäten entsprechend den territorialen Bedürfnissen zu öffnen», schrieb Giovanni Toti. Die Nachrichtenagentur Ansa gab den für Regionalfragen zuständigen Minister, Francesco Boccia, mit der Aussage wieder, dass nun die Phase der Verantwortung der Regionen beginne. Nach Medienberichten will die Regierung in Rom in den kommenden Tagen Vorgaben machen, welche Bedingungen für eine Beschleunigung gelten sollen. Bisher sollen Bars, Restaurants und Friseure erst ab dem 1. Juni öffnen.

Allerdings hatten einzelne Regionen wie Südtirol bereits im Alleingang eigene Regeln erlassen. Die Covid-19-Krankheit hat Italien seit Februar immer weiter in die Knie gezwungen. Der Land verzeichnet bisher mehr als 30.700 Corona-Tote. Inzwischen sinken die Zahlen der aktuell infizierten Menschen. Die Regierung in Rom wollte bei der Aufhebung von Verboten aber vorsichtiger sein, als von der Wirtschaft und vielen Regionen gefordert.

Italiens Tourismusminister: Deutschland schließt Korridore aus

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, schließt nach Angaben des italienischen Kulturministers Abkommen mit einzelnen Ländern über Touristenkorridore aus. Bareiß habe bestätigt, dass Deutschland Vorschläge anderer europäischer Länder bekommen habe, angesichts der Corona-Pandemie solche Korridore einzurichten, teilte das Ministerium für Kultur und Tourismus am Montag in Rom mit. Statt bilateraler Abkommen sei eine gemeinsame europäische Lösung notwendig, habe der deutsche Politiker betont.

Bareiß habe mit dem italienischen Minister Dario Franceschini über Lösungen für eine Wiederaufnahme des «intereuropäischen» Tourismus im Sommer gesprochen, heißt es weiter in der Mitteilung.

Italiens Verkehrsministerin Paola De Micheli versicherte, ihr Land sei in der Lage, den Luftverkehr und andere Transportwege sehr schnell, «von einer Woche zur anderen», wieder zu öffnen, wenn die Corona-Zahlen es erlaubten. Wann genau Urlauber wieder nach Italien kommen könnten, sei noch Spekulation.

Sie hoffe aber, dass der Sommer eine allmähliche Normalisierung bringen werde: «Ich glaube, wenn die Werte der Infektionszahlen unter Kontrolle bleiben, dann könnten wir im ersten Teil des Juni die Möglichkeit haben, den Transport innerhalb von Italiens Regionen zu «normalisieren», so weit wie möglich», sagte die Politikerin mit Blick auf Flugreisen vor der Auslandspresse in Rom. Dann werde Italien auch die Öffnung für den grenzüberschreitenden Tourismus prüfen.

Italien ist von der Corona-Pandemie besonders stark betroffen. Bisher gibt es keinen Termin, wann Urlauber wieder ins Land dürfen. Einreisen von Ausländern sind nur unter besonderen Bedingungen und mit einer Selbsterklärung zu den Gründen erlaubt.

Deutschland verliert in Italien an Ansehen

Deutschland hat in Italien laut einer Umfrage in der Corona-Krise an Ansehen verloren. Nur noch 26 Prozent der Befragten hätten viel Vertrauen in Deutschland, ergab die repräsentative Umfrage des Instituts Demos & Pi für die Zeitung «La Repubblica» (Montag). Im Januar 2019 habe der Wert noch bei 42 Prozent gelegen.

Das Vertrauensverlust sei eine Reaktion auf das Verhalten nordeuropäischer Länder während der Virus-Krise, erklärte Ilvo Diamanti von dem Meinungsforschungsinstitut. Hart getroffene südeuropäische Länder wie zum Beispiel Italien oder Spanien fühlten sich in der Krise von der EU und Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden alleine gelassen.

Nach der Umfrage gewannen Länder wie Russland und China leicht dazu. Die beiden Länder hatten in der Krise schnell Hilfsgüter nach Italien geschickt. Deuschland hatte zwar mehrere Covid-Patienten aus Italien in die Bundesrepublik geholt, der öffentliche Diskurs fokussierte sich aber zunächst auf den Streit in der EU über Finanzhilfen für Italien.

«Hatte wohl Pech»: Italiener musste dreimal in Quarantäne

Ein Italiener ist während der Corona-Pandemie unfreiwillig zum regelrechten Quarantäneprofi geworden. Dreimal sei er wegen des Virus mittlerweile isoliert worden, erzählt Lorenzo Di Berardino der Deutschen Presse-Agentur am Telefon - zunächst im chinesischen Wuhan, als Rückkehrer in Italien und anschließend in seiner besonders von der Ausbreitung betroffenen Heimat. «Ich nehme an, ich hatte wohl irgendwie Pech», kommentiert der 22-Jährige.

Ausgerechnet in Wuhan, von wo sich das Virus Sars-CoV-2 weltweit ausbreitete, hielt sich der Student Anfang des Jahres für ein mehrmonatiges Austauschprogramm auf. Wenige Tage vor seiner geplanten Abreise wurde die Millionenstadt abgeriegelt. «Wuhan wurde komplett abgeschottet, mit Armee und Straßensperren. Die Leute nahmen das sehr ernst, viel ernster als hier in Italien, zumindest anfangs», sagt er. Ohne zu ahnen, dass dem eigenen Land Ähnliches bevorstand, interviewten italienische Medien Ende Januar den Landsmann zur Lage im Sperrgebiet.

Anfang Februar flog die italienische Luftwaffe ihn und andere Staatsbürger aus der Region aus. Als Rückkehrer musste er für 17 Tage in Armeebaracken nahe Rom in Quarantäne. Als er am 20. Februar in seine Heimat im Zentrum des Landes zurückkehrte, hätten einige Anwohner argwöhnisch geschaut, erzählt Di Berardino. Am selben Tag wurde Italiens erster lokal übertragener Corona-Fall in der Stadt Codogno gemeldet. Am 10. März ordnete die Regierung Schließungen und Ausgangssperren für das ganze Land an.

Seither führt Di Berardino sein Rechtsstudium online von zu Hause fort. Die ersten Lockerungen Anfang Mai haben nicht viel daran geändert. Seine Sicht auf die angeordneten Sperren, die ihn praktisch rund um den Globus verfolgt haben? «Wir müssen das einfach machen, ob wir das mögen oder nicht.»

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