JAKARTA: Kaum ein Präsident weltweit ist so beliebt wie Joko Widodo in Indonesien. Jetzt wurde sein Nachfolger gesucht. Wohin steuert Südostasiens mächtigstes Land?
Das riesige Inselreich Indonesien hat einen neuen Präsidenten gewählt. Die meisten der 820.000 Wahllokale schlossen am Mittwoch um 13.00 Uhr Ortszeit (7.00 Uhr MEZ in Jakarta) wie geplant nach sechs Stunden ihre Pforten. Im viertbevölkerungsreichsten Land der Erde waren etwa 205 Millionen Menschen aufgerufen, einen neuen Staats- und Regierungschef sowie ein neues Parlament zu wählen. Mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten war jünger als 30 Jahre.
Vorläufige Ergebnisse werden spätestens am Abend Ortszeit erwartet. Das offizielle Ergebnis soll aber erst Ende März verkündet werden. Mit 274 Millionen Einwohnern ist der G20-Staat die drittgrößte Demokratie und das größte muslimische Land der Welt.
Als haushoher Favorit auf die Nachfolge des beliebten Präsidenten Joko Widodo, genannt Jokowi, gilt der frühere General Prabowo Subianto. Obwohl ihm Menschenrechtsverletzungen während der Suharto-Diktatur in den 1980er und 1990er Jahren vorgeworfen werden, ist der amtierende Verteidigungsminister gerade bei jungen Wählern extrem beliebt. Laut Umfragen könnte der 72-Jährige auch dank einer cleveren Social-Media-Kampagne auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen - und müsste somit im Juni nicht einmal in eine Stichwahl gegen einen seiner beiden Mitbewerber.
Gegen Prabowo traten der Gouverneur der Provinz Zentraljava, Ganjar Pranowo (55), und der frühere Gouverneur von Jakarta und Ex-Bildungsminister Anies Baswedan (54) an. Auf der Urlaubsinsel Bali bildeten sich schon am Morgen Schlangen vor den Wahllokalen, viele kamen in ihrer traditionellen Kleidung. Auch in der Hauptstadt Jakarta auf Java war der Zustrom groß, nachdem zunächst Starkregen mehrere Stadtteile überflutet hatte. «Aber das scheint die Leute nicht abzuhalten», berichtete Denis Suarsana, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jakarta.
Auf Nachfrage sagen die meisten Wähler, dass nur Prabowo die nötige Erfahrung mitbringe, um den wirtschaftlichen Siegeszug der Jokowi-Ära fortzuführen. Dass er den Sohn des Amtsinhabers, Gibran Rakabuming Raka, als Vize-Präsidenten nominiert hat, sehen Beobachter als Geniestreich.
Allerdings sorgt seit Tagen ein Dokumentarfilm eines prominenten Investigativjournalisten für Aufregung, der am Wochenende im Netz viral ging. In «Dirty Vote» wird Jokowi vorgeworfen, staatliche Mittel genutzt zu haben, um die Wahl zugunsten Prabowos und seines Sohnes zu manipulieren. Das Video wurde millionenfach geklickt. Politische Beobachter rechnen trotzdem nicht damit, dass das Video viel am Wahlausgang ändern wird.
Das Archipel ist dank riesiger Nickelerz-Vorkommen die größte Volkswirtschaft Südostasiens. Laut Prognosen wird Indonesien bis 2045 weltweit unter die Top 5 aufsteigen - und Deutschland überholen.