Immobilienkrise in China

Handel mit Evergrande-Aktien gestoppt

Ansicht des Wohnkomplexes Evergrande Royal Scenery in Peking. Foto: epa/Wu Hao
Ansicht des Wohnkomplexes Evergrande Royal Scenery in Peking. Foto: epa/Wu Hao

HONGKONG: Chinas Immobiliensektor kämpft seit einigen Jahren mit Problemen. Vor allem ein großer Bauträger macht der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt Sorgen. Eine gesamtwirtschaftliche Krise in China würde sich auch über die Grenzen bis in den Westen auswirken.

Im Zuge der Immobilien-Krise in China ist der Handel mit Aktien der hoch verschuldeten Evergrande-Gruppe an der Hongkonger Börse gestoppt worden. Neben den Papieren der Evergrande Group konnten auch keine Anteilscheine der Evergrande Property Services Gruppe und der Evergrande-Gruppe für Elektro-Fahrzeuge gehandelt werden, wie es am Donnerstag in drei Mitteilungen der Börse in Hongkong hieß. Ein Grund wurde darin nicht genannt.

Die Aussetzung des Handels mit Evergrande-Aktien folgt auf jüngste Medienberichte über Ermittlungen gegen Angestellte des Unternehmens. Am Mittwoch etwa berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass der Vorstandsvorsitzende Hui Ka Yan unter Polizeikontrolle gestellt worden sei. China Evergrande äußerte sich auf eine Anfrage nicht dazu.

Chinas Immobilien-Branche durchlebt derzeit eine schwere Krise. Evergrande ist ein Gigant in dem Sektor, aber mit umgerechnet geschätzt 311 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten das am höchsten verschuldete Unternehmen. Schon vor rund zwei Jahren weckten Sorgen über eine Pleite des Unternehmens Erinnerungen an die weltweite Finanzkrise 2008, die von der Zahlungsunfähigkeit der US-Investmentbank Lehman Brothers eingeläutet wurde. Im vergangenen Jahr wurde die Aktie der Evergrande Group über Monate vom Handel ausgesetzt. Als dieser Ende August wieder aufgenommen wurde, gab das Papier um 80 Prozent nach.

Die Gruppe soll ihre Schulden nach chinesischen Vorgaben umstrukturieren. Doch immer wieder kommen neue schlechte Nachrichten: Am Montag teilte die im südchinesischen Shenzhen ansässige Gruppe mit, die Zahlung einer Anleihe zuzüglich Zinsen über umgerechnet rund 529 Millionen Euro verpasst zu haben. Zuvor vertagte das Unternehmen schon Treffen mit Gläubigern. Am Sonntag richtete die Gruppe per Mitteilung an der Hongkonger Börse aus, dass eine Ermittlung gegen die Tochterfirma Hengda Real Estate Group laufe.

Neben Evergrande geriet zuletzt auch der Immobilienentwickler Country Garden, der Tausende Bauprojekte in China betrieb, als weiterer Riese in dem Markt wegen Problemen in die Schlagzeilen. Eine Krise in dem Sektor ist eine Gefahr für China. Die Immobilienbranche ist ein wichtiger Treiber für das Bruttoinlandsprodukt der Volksrepublik. Mehr als ein Viertel trug der Sektor bislang jährlich zum Wirtschaftswachstum bei.

Die Krise der Immobilienunternehmen ist deshalb ein Problem für die Wirtschaft im Reich der Mitte. Die mögliche Folge: Geht es China wirtschaftlich schlecht, könnte sich das auf die globale Ökonomie auswirken, und damit auch auf Deutschland. Viele deutsche Unternehmen fertigen in China. Das Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern ist außerdem ein wichtiger Markt, etwa für die Automobil-Branche.

Ein Grund, weshalb Immobilien-Gruppen derzeit Probleme haben und hoch verschuldet sind, ist die Nachfrage. Seit dem Bau-Boom in den Nullerjahren nach der Jahrtausendwende ging es für die Immobilienfirmen immer steil bergauf. Leute investierten in Immobilien, die anders als die Börse Stabilität versprachen. Laut Experten bauten die Immobilienkonzerne mit den Einnahmen sofort neue Gebäude und kauften Land. Weil jedoch die Nachfrage nach Wohnung sank und die Preise fielen, konnten die Baufirmen ihre Projekte nicht mehr abschließen und auch ihre Gläubiger nicht mehr bedienen.

Zwischenzeitlich kursierten im Internet Videos wütender Wohnungskäufer, die plötzlich erfuhren, dass ihre bereits bezahlte Wohnung gar nicht mehr fertig gebaut werden kann. Für die hoch verschuldeten Firmen ist es außerdem seit 2020 schwerer, eine Finanzierung zu bekommen. Die kommunistische Regierung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping führte damals die Politik der «drei roten Linien» ein. Das Heim sollte wieder als Wohnung und nicht zur Spekulation genutzt werden.

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