Festnahmen kurz vor Tian'anmen-Gedenktag

Der stellvertretende Vorsitzende der Hongkonger Allianz zur Unterstützung der patriotischen demokratischen Bewegungen in China, Chow Hang-tung (2-L). Foto: epa/Jerome Favre
Der stellvertretende Vorsitzende der Hongkonger Allianz zur Unterstützung der patriotischen demokratischen Bewegungen in China, Chow Hang-tung (2-L). Foto: epa/Jerome Favre

HONGKONG: Kurz vor dem 35. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen-Platz) in Peking sind in Hongkong erstmals sechs Menschen auf Grundlage eines neuen Sicherheitsgesetzes festgenommen worden.

Unter ihnen ist die Bürgerrechtlerin Chow Hang-tung, die wegen eines anderen Vergehens bereits seit längerem in Haft ist, wie Sicherheitsminister Chris Tang Ping-keung der Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» zufolge mitteilte. Sie war vor zwei Jahren zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil sie zu einer verbotenen Gedenkveranstaltung anlässlich des Jahrestages aufgerufen hatte.

Chow Hang-tung war Vizepräsidentin der inzwischen aufgelösten Hongkonger Allianz zur Unterstützung patriotischer demokratischer Bewegungen in China, die jedes Jahr eine große Kerzen-Andacht im Hongkonger Victoria Park organisierte, an der Zehntausende Menschen teilnahmen. Seit 2021 wurde die Veranstaltung jedoch von der Regierung untersagt.

Wie die Hongkonger Polizei am Dienstag mitteilte, wird einer Frau vorgeworfen, zusammen mit vier Helferinnen und einem Helfer Beiträge in sozialen Medien mit «aufrührerischen» Absichten verfasst zu haben. Die Beiträge hätten zu illegalen Handlungen kurz vor einem «sensiblen Datum» aufgerufen. Um welches Datum es sich handelt, wurde nicht gesagt.

Am 4. Juni jährt sich zum 35. Mal die blutige Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Hongkong war lange Zeit der einzige Ort in China, an dem der Opfer gedacht werden konnte.

Die Festnahmen am Dienstag waren die ersten nach dem umstrittenen neuen Sicherheitsgesetz, das im März in Kraft getreten war. Das Gesetz verschärft Strafen und gibt der Polizei in bestimmten Fällen mehr Befugnisse, gegen Verdächtige zu ermitteln oder sie festzunehmen. Kritiker befürchten zudem eine weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit, nachdem bereits ein Sicherheitsgesetz, das die Zentralregierung in Peking 2020 über Hongkong verhängte, als schwerer Schlag gegen die Demokratiebewegung gesehen wurde.

Nach wochenlangen Demonstrationen und Hungerstreiks gegen Korruption und für Meinungsfreiheit und Demokratie im Frühjahr 1989 hatte die kommunistische Führung die Volksbefreiungsarmee eingesetzt, um die Proteste in Peking zu beenden. Die Militäraktion, bei der mehrere Hundert Menschen ums Leben kamen, ist in China ein politisches Tabuthema. Die chinesische Führung lässt weder eine öffentliche Diskussion noch ein Gedenken zum Jahrestag zu.

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