Wie lange gelten die Beschränkungen?

Keine schnelle Normalisierung in Sicht

Foto: epa/Etienne Laurent
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Sorge ums Gesundheitssystem

BERLIN: Bürger wie Politiker treibt die Frage um, wann die Lage in Deutschland sich wieder entspannt. Alle werden wohl noch etwas Geduld brauchen.

In der Corona-Krise gibt es auch in Deutschland Sorgen, ob die Kapazitäten zur Versorgung schwerkranker Patienten ausreichen. «Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass die Kapazitäten nicht ausreichen, ganz klar», sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU) machten deutlich, dass schnelle Lockerungen der Kontaktbeschränkungen noch nicht im Raum stehen. Der Bund bemüht sich um schnellen Nachschub an Schutzkleidung.

KEINE SCHNELLE LOCKERUNG - ABER DEBATTE ÜBER PERSPEKTIVEN

Parteiübergreifend dämpften Politiker die Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Merkel bat um Geduld. Niemand könne guten Gewissens sagen, wie lange diese «schwere Zeit» anhalte. Braun sagte dem «Tagesspiegel»: «Wir reden jetzt bis zum 20. April nicht über irgendwelche Erleichterungen.» SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: «Die Spitze der Infektionswelle steht uns noch bevor.» Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) forderte jedoch in der «Welt am Sonntag»: «Jetzt ist die Zeit, Maßstäbe für die Rückkehr ins soziale und öffentliche Leben zu entwickeln.»

MEHR ALS 57 000 INFEKTIONEN IN DEUTSCHLAND

Bis Sonntagnachmittag wurden in Deutschland rund 57 000 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Das Robert-Koch-Institut berichtete von mindestens 4000 neuen Infektionen innerhalb eines einzigen Tages. Besonders hohe Zahlen haben Nordrhein-Westfalen mit 13 630 nachgewiesenen Fällen und 110 Toten und Bayern mit 13 263 Fällen und ebenfalls 110 Toten. Gerechnet auf 100 000 Einwohner verzeichnet Hamburg mit einem Wert von 112,9 die meisten Infektionen. Im Bundesschnitt waren es 70,5. Insgesamt starben in Deutschland schon mindestens 457 Menschen. Niemand weiß, wie hoch die Dunkelziffer bei den Infektionen ist - vermutet wird: hoch.

REGIERUNG WILL SCHNELLEREN NACHSCHUB AN SCHUTZMASKEN UND -KITTELN

Um den Mangel an Schutzmasken und -kitteln einzudämmen, versucht die Bundesregierung den Ankauf zu beschleunigen. Dafür hat sie ein Verfahren gestartet, in dem Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen über den Kaufpreis zustande kommen. Zuerst hatte die «Welt am Sonntag» darüber berichtet. Das sogenannte Open-House-Verfahren sieht vor, dass Anbieter mindestens 25 000 OP-Masken, Schutzkittel oder FFP2-Mundschutze anbieten können. Der Bund kauft diese dann zu einem Preis, den er selbst festgelegt hat. Das ist einfacher und schneller als das sonst geltende Vergaberecht mit Ausschreibungen.

WIRTSCHAFT: CORONA-HILFEN ERREICHEN MITTELSTAND NICHT

Handwerk und Reisebranche beklagen eine Förderlücke. «In dieser Extremlage brauchen neben den kleinen Betrieben auch solche mit mehr als zehn Mitarbeitern Soforthilfen», sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Reiseverband: «Die Bundesregierung muss dringend Maßnahmen für mittelständische Unternehmen bewilligen», forderte Präsident Norbert Fiebig. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte weiteren staatlichen Anschub für die Zeit nach der Krise in Aussicht.

SORGE VOR HÄUSLICHER GEWALT WEGEN KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN WÄCHST

In der Corona-Krise wächst auch die Sorge vor Gewalt, weil Familien auf engem Raum zusammensitzen. Die Opferschutz-Organisation Weißer Ring warnt, man müsse «mit dem Schlimmsten rechnen». Aus anderen Ländern gibt es schon Belege dafür, dass vor allem für Frauen und Kinder das Risiko steigt. Geprüft wird nun, ob Frauen und Kinder zu ihrem eigenen Schutz in leeren Hotels untergebracht werden können.

EU-ÄRGER UM CORONA-BONDS

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich zurückhaltend über sogenannte Corona-Bonds geäußert und Ärger in Italien ausgelöst. Ministerpräsident Giuseppe Conte, der eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU fordert, reagierte empört: Er werde bis zum Ende seiner Kräfte für eine starke gemeinsame Antwort auf die Corona-Krise kämpfen. Die EU-Kommission stellte daraufhin klar, dass alle Optionen auf dem Tisch blieben, sofern die EU-Verträge sie zuließen. Österreich bekräftigte dagegen sein Nein zu Coronabonds.

NEUER OLYMPIA-TERMIN IN TOKIO WOHL IM SOMMER

Bei der Suche nach einem neuen Termin für die Olympischen Spiele in Tokio zeichnet sich eine Verschiebung auf den Sommer 2021 ab. Nach Berichten aus Japan und den USA könnte der Neustart mit einer Eröffnungsfeier am 23. Juli 2021 erfolgen. Die Schlussfeier wäre demnach am 8. August. Die wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagten Spiele waren für den 24. Juli bis 9. August 2020 geplant.


Wie lange gelten die Beschränkungen?

BERLIN: Homeoffice für viele, wenig Sozialkontakte und die Wirtschaft im Lockdown - wie lange wird das noch so bleiben? In Deutschland und Europa wird zunehmend über einen möglichen Ausweg aus den Beschränkungen diskutiert. Wie lange gelten die Regelungen vorerst in anderen europäischen Ländern? Mancherorts wurden Ausgangsbeschränkungen bereits verlängert. Ein Überblick.

Im schwer getroffenen ITALIEN gelten die Sperren, die bereits am 10. März in Kraft traten, zunächst einmal bis zum kommenden Freitag, 3. April. Es wird aber erwartet, dass der Lockdown verlängert wird. Wann das allerdings geschieht, ist unklar.

Der SPANISCHE Lockdown sollte ab 15. März zunächst zwei Wochen lang gelten. Vergangene Woche wurde er aber um weitere zwei Wochen bis zum 11. April verlängert. Das wäre der Karsamstag.

FRANKREICHS Lockdown gilt seit 12 Tagen - zunächst war er für 15 Tage avisiert worden. Am Freitag kündigte Premier Édouard Philippe eine Verlängerung um mindestens 15 weitere Tage an, also bis zum 15. April, das wäre nach Ostern. In Deutschlands Nachbarland dürfen die Bürger nur mehr für wenige Ausnahmen aus der Wohnung oder Haus. Diese Wochen wurden die Bedingungen teils noch einmal verschärft.

In GROSSBRITANNIEN traten vergleichsweise spät - am 23. März - Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Sie sollen mindestens für drei Wochen gelten, also bis zum 13. April, dem Ostermontag. Dann will die Regierung die Lage neu bewerten.

Die ÖSTERREICHISCHEN Maßnahmen sind zunächst bis Ostermontag, 13. April, befristet. Die meisten gehen von einer Verlängerung um mindestens eine Woche aus.

In der SCHWEIZ gilt bisher der 19. April als letzter Tag der Beschränkungen.

Ausgangsbeschränkungen gibt es in den NIEDERLANDEN seit knapp zwei Wochen - sie wurden am 23. März noch einmal deutlich verschärft. Die Maßnahmen gelten vorläufig bis zum 6. April, das Veranstaltungsverbot sogar bis zum 1. Juni. Über eine mögliche Verlängerung will das Kabinett am kommenden Dienstag (31. März) entscheiden.

In BELGIEN wurden die am 18. März verhängten Ausgangsbeschränkungen bereits am Freitagabend verlängert: Sie sollen nun mindestens bis 19. April gelten. Ursprünglich waren sie bis 5. April angekündigt worden.

In TSCHECHIEN gelten die Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung zunächst bis zum 1. April - Regierungschef Andrej Babis rechnet aber mit einer Verlängerung bis über Ostern hinaus. Der Ausnahmezustand ist davon unabhängig bis zum 11. April ausgerufen, soll aber nach dem Willen des Ministerpräsidenten um 30 Tage verlängert werden. Darüber entscheidet das Parlament.

BULGARIEN hat am 13. März einen einmonatigen Ausnahmezustand verhängt - auch er könnte verlängert werden. Denn der Krisenstab in Sofia geht jetzt von einem Höhepunkt der Covid-19-Erkrankungen um das orthodoxe Osterfest herum am 19. April aus. Ausgangsbeschränkungen wie in anderen Ländern gibt es noch keine.

In POLEN müssen die Menschen bis zum 11. April nach Möglichkeit zu Hause bleiben.

Die SLOWAKEI hat noch keine allgemeinen Ausgangsbeschränkungen erlassen, in der Öffentlichkeit muss aber ein Mundschutz getragen werden.

Ein Lockdown nach bayerischem Vorbild ist in UNGARN erst seit diesem Samstag in Kraft. Er gilt zunächst bis zum 11. April. Dann kann er verlängert werden.

In DÄNEMARK und NORWEGEN gelten die Grenzschließungen und weiteren Maßnahmen bis einschließlich Ostern, also bis zum 13. April. In Finnland sind die Grenzen der Region Uusimaa rund um die Hauptstadt Helsinki bis zum 19. April geschlossen, landesweit geltende Maßnahmen haben verschiedene Ablaufdaten in den kommenden Wochen.

SLOWENIEN ist seit dem 20. März im Lockdown. Menschen können aber zur Arbeit gehen, in Apotheken einkaufen oder Sport im Freien machen - sie müssen aber Abstand halten.

In SERBIEN gilt eine Ausgangssperre seit dem 18. März. Seit dem Wochenende ist diese von 13.00 bis 5.00 Uhr in Kraft. Alle Menschen, die älter als 65 Jahre (in ländlichen Gebieten 70 Jahre) sind, müssen rund um die Uhr zuhause bleiben.

KROATIEN hat Reisen zwischen Städten am 23. März verboten.

NORDMAZEDONIEN hat eine Ausgangssperre zwischen 21.00 und 6.00 Uhr verhängt, an Wochenenden zwischen 16.00 und 5.00 Uhr. Es gibt Überlegungen der Behörden in Skopje, Regelungen an bestimmte Altersgruppen anzupassen. Demnach könnten sich alle Menschen, die älter als 67 Jahre sind, nur zwischen 5.00 und 11.00 Uhr im Freien aufhalten. Jüngere Menschen müssten zwischen 21.00 und 12.00 Uhr in ihren Wohnungen bleiben.

Ein Blick über Europas Grenzen zeigt ähnliches: US-weit gilt noch bis Montag eine Richtlinie der Regierung, die etwa vorsieht, dass Ansammlungen mit mehr als zehn Menschen vermieden werden sollen. In den mehreren Bundesstaaten wurden allerdings auch Ausgangsbeschränkungen verhängt. So wurde die Bevölkerung in Kalifornien bereits vor mehr als einer Woche aufgerufen, zu Hause zu bleiben - dies gilt bis auf weiteres. Der Bundesstaat New York hat alle «nicht lebenswichtigen» Geschäfte und Dienstleistungen seit dem 22. März bis auf weiteres geschlossen. Die Bürger sind angehalten, weitestgehend zu Hause zu bleiben. In der Hauptstadt Washington gelten ähnliche Maßnahmen zunächst bis zum 24. April.

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