EU-Spitzen Juncker und Tusk verabschieden sich aus ihren Ämtern

Foto: epa/Olivier Hoslet
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BRÜSSEL (dpa) - In Brüssel schwingt ein bisschen Wehmut mit, denn nach fünf Jahren tritt die Führung der Europäischen Union ab. Die Neuen stehen bereits in den Startlöchern.

Stabwechsel in Brüssel: Vor dem Start der neuen Führung der Europäischen Union verabschieden sich Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk am Freitag aus ihren Ämtern. Juncker gibt am Mittag (12.30 Uhr) zum Abschied eine seiner seltenen Pressekonferenzen, bevor seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen am Sonntag übernimmt.

Ratschef Tusk übergibt seinerseits (gegen 11.00 Uhr) in einer Zeremonie die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Charles Michel. Auf seinem offiziellen Twitterkonto verabschiedete sich Tusk bereits am Donnerstagabend mit einem Video. Es zeigt den 62-Jährigen beim Joggen durch Brüssel und endet mit der Zeile: «Es war ein echter Lauf.»

Darin erinnert Tusk unter anderem an die 48 Gipfeltreffen, die er als Ratspräsident geleitet hat. Immer wieder habe er den übrigen Europäern «den Puls gefühlt» und für Europas Platz in der Welt gekämpft. «Zeit, auf Wiedersehen zu sagen!»

Am Ende des Films kommt unter anderen der französische Präsident Emmanuel Macron mit dem Satz zu Wort: «Wir werden deine Tweets vermissen.» Die Bemerkung dürfte ironisch gemeint sein, denn Tusk hatte vor allem mit seinen Tweets zum Brexit immer wieder Kopfschütteln bei einigen Staats- und Regierungschefs ausgelöst. Macron fuhr mit Blick auf den geplanten britischen EU-Austritt eine viel härtere Linie als Tusk, der Großbritannien stets eine Tür offen halten wollte.

Wie Juncker scheidet auch Tusk offiziell am Samstag aus dem Amt. Er war vor seiner fünfjährigen Amtszeit als Ratspräsident polnischer Ministerpräsident und übernimmt zum 1. Dezember den Vorsitz der christdemokratischen Europäischen Volkspartei. Juncker geht wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag (9. Dezember) in den Ruhestand. Am Sonntag nehmen von der Leyen und Michel ihre Arbeit offiziell auf.

Der neue Ratspräsident Michel kündigte an, eine Debatte über die Außenpolitik der EU anstoßen zu wollen: «Es ist wichtig, dass der Europäische Rat nicht bloß auf Ereignisse reagiert, sei es auf das Brexit-Referendum, auf einen Tweet des US-Präsidenten oder auf Aktionen der Türkei», sagte er in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag) und einiger weiterer Zeitungen. «Wir müssen unser eigenes Programm, unsere eigene politische Agenda entwickeln». Michel warnte: «Ich sehe das Risiko, dass auf lange Sicht ein neuer kalter Krieg ausbrechen könnte, zwischen den USA und China. Europa könnte hier zum Kollateralschaden werden. Wir müssen daher eine klare Vision entwerfen, was unsere Prioritäten sind - im Verhältnis mit China, mit den USA, mit Afrika, auch mit Großbritannien.»

Von der Leyens Kommission hatte erst am Mittwoch die letzte Hürde im Europaparlament genommen und ist damit startklar. Michel war bereits im Sommer von den EU-Staats- und Regierungschefs bestimmt worden. Der 43-Jährige war bis vor kurzem belgischer Ministerpräsident.

Die Aufgabe des Ratspräsidenten ist es, die Zusammenarbeit und die Gipfeltreffen der EU-Staaten zu koordinieren. Die Kommissionschefin führt ihrerseits die EU-Exekutive, die Gesetze vorschlägt und die Einhaltung des gemeinsamen Rechts überwacht. Zusammen mit dem Präsidenten des Europaparlaments sind sie die höchsten Repräsentanten der EU.

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