EU diskutiert neue China-Strategie

Maas warnt vor Blauäugigkeit

Foto: epa/Clemens Bilan
Foto: epa/Clemens Bilan

BRÜSSEL (dpa) - Im Umgang mit dem Machtstreben Chinas ist die EU bislang eher ein zahnloser Tiger. Wenn es nach der Brüsseler EU-Kommission geht, soll sich das nun ändern. Doch können sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Strategie verständigen?

Die EU-Staaten ringen um eine gemeinsame Linie im Umgang mit dem Machtstreben Chinas. Die Außenminister der Mitgliedstaaten diskutierten am Montag erstmals über den Vorschlag der EU-Kommission, China als «Systemrivalen» einzuordnen und zumindest unfairen Wettbewerbspraktiken und Menschenrechtsverletzungen deutlich entschlossener entgegenzutreten. Um Interessen und Werte gegenüber China vertreten zu können, sei es ganz wichtig, die Beziehungen als Europäische Union zu organisieren und nicht jeder einzeln, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas in Brüssel.

Der SPD-Politiker äußerte damit auch indirekte Kritik am Kurs der italienischen Regierung. Diese hatte jüngst ohne EU-Absprache angekündigt, mit China eine Rahmenvereinbarung über die chinesische Seidenstraßeninitiative zu schließen.

Mit dem Projekt will China Handelswege durch Asien nach Europa und Afrika erschließen. Rom erhofft sich davon unter anderem chinesische Investitionen in Häfen wie Genua und Tarent. Die USA, Japan und diverse andere große EU-Länder sehen in der Initiative auch einen Versuch Chinas, seinen Einfluss in Eurasien und darüber hinaus zu erhöhen. Bislang hatten lediglich östliche und kleinere EU-Staaten mit China Rahmenvereinbarungen zur Seidenstraßeninitiative getroffen.

Um dem politischen und wirtschaftlichen Machtstreben Chinas etwas entgegenzusetzen, will die EU-Kommission nun einen Zehn-Punkte-Plan umsetzen.

Konkret könnte demnach die Vergabe öffentlicher Aufträge künftig stärker an Arbeits- und Umweltstandards gekoppelt werden. Die Behörde fordert zudem die Zustimmung der EU-Staaten zu einem Verfahren, um Dumping-Angebote mit Strafen belegen zu können.

Vor allem bei letzterem Vorschlag ist aber unsicher, ob er jemals verwirklicht werden kann. Kritiker auch in Deutschland befürchten, die EU könnte mit dem sogenannten Instrument zum internationalen Beschaffungswesen (IPI) ein Signal der Marktabschottung aussenden, das dem Grundgedanken offener Märkte und des Wettbewerbs zuwider liefe.

Maas ging auf das Thema in seinen öffentlichen Äußerungen nicht ein. Er warnte allerdings mit Blick auf das Bestreben Chinas, sich an wichtigen Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes in Europa zu beteiligen, vor Blauäugigkeit. Man müsse «natürlich auch sehen, dass China seine strategischen Interessen durchaus auch wirtschaftspolitisch vertritt», sagte Maas.

Wie andere Politiker auch wandte er sich damit gegen eine bedenkenlose Beteiligung des chinesischen Telekom-Riesen Huawei am 5G-Ausbau. Dem Unternehmen wird von den USA unterstellt, über seine Telekom-Produkte spionieren oder sabotieren zu können. Beweise dafür liegen aber bislang nicht vor.

Der chinesische Außenminister Wang Yi wies die Vorwürfe am Montag erneut als haltlos zurück und sprach von «abnormalen und sittenwidrigen» Praktiken, um ein ausländisches Unternehmen zu Fall zu bringen. China fordere, dass Unternehmen in Europa «fair, unparteiisch und nicht diskriminierend» behandelt würden, sagte er. Wang war als Gast zum Mittagessen des Außenministertreffens eingeladen, um den EU-China-Gipfel am 9. April vorzubereiten.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte nach dem Treffen, die Beziehungen zu China böten viele Möglichkeiten, aber auch viele Herausforderungen. Auch sie betonte wie Maas die Notwendigkeit zur Geschlossenheit. «Kein EU-Staat hat die Größe, den Einfluss oder die Macht, etwas mit China auf Augenhöhe verhandeln zu können», sagte sie.

Dies konnte auch als Botschaft an die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten verstanden werden. Sie wollen am kommenden Donnerstagabend bei ihrem Gipfeltreffen auf höchster Ebene über die zukünftige China-Strategie der EU beraten.

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