Geringe Beteiligung bei Hongkongs erster «Patrioten»-Wahl

Wahlen zur Legislative in Hongkong. Foto: epa/Jerome Favre
Wahlen zur Legislative in Hongkong. Foto: epa/Jerome Favre

HONGKONG: Nach dem harten Vorgehen Pekings bleiben viele in Hongkong der Parlamentswahl fern. Der Spielraum der Opposition ist noch kleiner geworden. Antreten durften nur noch «Patrioten».

Hongkong hat am Sonntag erstmals seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung ein neues Parlament gewählt. Als Zeichen der Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen gaben in der chinesischen Sonderverwaltungsregion so wenig Menschen ihre Stimme ab wie noch nie. Die Beteiligung in der Millionenmetropole im Süden der Volksrepublik lag eine Stunde vor Schließung der Wahllokale nur bei 29,3 Prozent.

Bis dahin gaben rund 1,3 Millionen Hongkonger ihre Stimme ab. Bei der Wahl vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 58,3 Prozent gelegen. Das amtliche Endergebnis wird am Montag erwartet. Vielfach war schon erwartet worden, dass viele Menschen der Wahl fernbleiben, weil sie nach Pekings hartem Durchgreifen jede Hoffnung auf demokratische Veränderungen in der britischen Ex-Kolonie aufgegeben haben.

In Hongkong wurde vor eineinhalb Jahren auf Druck aus der Hauptstadt ein umstrittenes Sicherheitsgesetz verabschiedet. Es führte dazu, dass die Massenproteste für mehr Demokratie schlagartig ein Ende fanden. Viele Bürgerrechtler, Protestführer und Politiker landeten im Gefängnis. Andere setzten sich ins Ausland ab, um der Verfolgung zu entgehen.

Der Legislativrat, wie das Hongkonger Parlament heißt, wurde zwar auch in der Vergangenheit nicht frei gewählt. Doch bei der Wahl am Sonntag galten nun Einschränkungen wie nie zuvor: Nach den neuen Regeln durften erstmals nur noch «Patrioten» antreten. Das Parlament wird von bisher 70 auf 90 Sitze vergrößert - doch nur noch 20 statt bisher 35 Abgeordnete werden direkt gewählt. Die meisten Sitze sind vorab für Vertreter von Peking-freundlichen Interessengruppen reserviert.

«Die von Peking eingeleitete Reform des Hongkonger Wahlsystems hat es für Kritiker nahezu unmöglich gemacht, sich als Abgeordnete an der Hongkonger Politik zu beteiligen», sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Die Opposition habe unter dem Sicherheitsgesetz und den neuen Wahlgesetzen nur noch sehr wenig Spielraum. «Ziel dieser Schritte war es schließlich, ihnen eine legitime politische Plattform zu entziehen.»

Zahlreiche im Exil lebende Hongkonger Aktivisten hatten in den vergangenen Wochen dazu aufgerufen, sich nicht an der Wahl zu beteiligen oder ungültige Stimmen abzugeben. Die Behörden mahnten, dass ein solches Verhalten illegal sei. Auch wurde vor dem Einfluss «ausländischer Kräfte» gewarnt.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam wies bereits vor der Wahl den Eindruck zurück, dass Hongkonger mit einer geringen Wahlbeteiligung Kritik an der Regierung zum Ausdruck bringen wollten. Lam argumentierte dagegen, dass ein geringes Interesse an der Wahl zeige, dass die Bürger keinen Wunsch nach Veränderung hätten.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kronkolonie wieder zu China. Eigentlich soll sie nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» eigenständig regiert werden. Auch bekamen die sieben Millionen Hongkonger damals die Zusage, bis 2047 ein «hohes Maß an Autonomie» und viele politische Freiheiten genießen zu können. Seit dem Erlass des Sicherheitsgesetzes reden viele aber nur noch von «Ein Land, ein System».

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Rüdiger Huber 20.12.21 14:40
wer hat das anders erwartet ?
Wer hat damals 1997 den Bock zum Gärtner gemacht ?