Erdogan wünscht sich Ende der Spannungen mit Deutschland

D er türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: epa/Erdem Sahin
D er türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Foto: epa/Erdem Sahin

ISTANBUL (dpa) - Spannungen abbauen - Der türkische Präsident Erdogan setzt vor seinem Deutschlandbesuch eine klare Priorität. Von der deutschen Seite wünscht er in einigen Fragen Entgegenkommen.

Vor seiner Deutschlandreise hat sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Ende der Spannungen zwischen beiden Ländern gewünscht. Diese Spannungen «vollständig» hinter sich zu lassen, habe bei seinem Besuch Priorität, sagte Erdogan am Sonntag in Istanbul vor seinem Abflug in die USA. Von dort aus wird er Ende der Woche nach Berlin weiterreisen.

Zugleich mahnte Erdogan, dass Deutschland entschlossener gegen Aktivitäten der als terroristisch eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Gülen-Bewegung in Deutschland vorgehen müsse. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

Erdogan reist am Donnerstagabend auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem Staatsbesuch nach Deutschland. Der türkische Staats- und Regierungschef trifft auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und reist anschließend weiter nach Köln, um im Stadtteil Ehrenfeld die Ditib-Zentralmoschee zu eröffnen.

Der Staatsbesuch Erdogans ist umstritten. Am Samstag demonstrierten Hunderte Menschen in mehreren deutschen Städten gegen Erdogans Politik. Es gab Demonstrationen in Berlin, Düsseldorf, Bielefeld und Hannover.

Nach zwei Bundestagsabgeordneten von FDP und Linken und vier AfD-Politikern haben auch die Partei- und Fraktionschefs der Grünen ihre Teilnahme am Staatsbankett anlässlich des Erdogan-Besuches abgesagt. Die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter begründeten ihren Schritt in einer gemeinsamen Erklärung vom Sonntag damit, dass ein Staatsbankett «nicht der Ort» sei, um den ansonsten notwendigen Dialog mit dem türkischen Präsidenten zu führen. Dabei müsse es vor allem um die «extrem problematischen Themen wie das Vorgehen in Syrien oder die Inhaftierung von Oppositionellen» gehen.

Erdogan sagte weiter, er wolle über den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland sprechen. Die Türkei befindet sich derzeit in einer Währungskrise. Bei den EU-Beitrittsverhandlungen und der angestrebten Visafreiheit für türkische Staatsbürger erwarte er eine «konstruktive Rolle» Deutschlands innerhalb der Europäischen Union. Erdogan kritisierte zudem wachsenden Rassismus in Deutschland und lobte, dass Merkel dagegen eine «entschlossene Haltung» einnehme.

Deutschland und die Türkei bemühen sich sei einigen Monaten um eine Normalisierung ihrer Beziehungen. Diese sind unter anderem angespannt wegen der Menschenrechtslage in der Türkei und der Verhaftung zahlreicher deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen.

Nach dem Putschversuch von 2016 hatte Erdogan den Ausnahmezustand ausgerufen, der mehrmals verlängert wurde und damit erst nach zwei Jahren endete. Unter ihm gingen die Behörden gegen vermeintliche Gülen-Anhänger, aber auch gegen Oppositionelle vor. Zehntausende Menschen wurden inhaftiert, rund 130.000 Staatsbedienstete verloren ihre Arbeit.

Menschenrechtler und Opposition kritisieren, dass mit einem im Juli verabschiedeten Anti-Terror-Gesetz der Ausnahmezustand unter anderem Namen fortgeführt werde und sich die Menschenrechtslage seither nicht gebessert habe. Erdogan hat zudem seit seiner Vereidigung im neuen Präsidialsystem Anfang Juli weitreichende Vollmachten.

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Jürgen Franke 24.09.18 21:28
Ob es uns jetzt paßt oder nicht,
Herr Erdogan und nicht Erdowahn ist ein demokratisch gewählter Präsident eines Landes. Dazu gehört es nun einmal, die protokollarischen Regeln zu beachten. Das Fehlen beim Staatsbankett ist ebenso albern wie dumm. Auch mit seinen Feinden soll und muss man reden. Ausgerechnet die Grünen, die den ersten Krieg nach 1945 gegen Jugoslawien 1999 angezettelt haben, spielen sich hier auf.
aurel aurelis 24.09.18 14:53
Unziemlich
Unziemlich und übertrieben ist es, dem Erdowahn gleich auch noch ein Staatsbankett zu bereiten. Bis jetzt haben sich kaum Politiker abgemeldet! Hunderttausende bekommen sehr mieses Essen in seinen Gefängnissen. Er hat einen Teil Syriens besetzen lassen. Empfang mit dem dürrsten Protokoll das es gibt ist schon zu viel Ehre!