Covid-19: Ausbrüche in immer mehr Ländern - Italien schwer betroffen

Foto: epa/Nicola Fossella
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ROM/SEOUL (dpa) - Einige Zeit schien es, das neuartige Coronavirus könne weitgehend auf China beschränkt bleiben. Nun aber kommt es in immer mehr Ländern zu nicht sofort entdeckten Ausbrüchen. In Europa ist Italien betroffen. Steigende Fallzahlen gibt es auch in Südkorea, Japan und im Iran.

Es ist der bisher schlimmste bekannte Ausbruch des neuen Coronavirus in Europa: In Italien ist inzwischen bei mehr als 50 Menschen Sars-CoV-2 nachgewiesen worden, wie die Behörden mitteilten. 39 der Infektionen wurden in der norditalienischen Lombardei erfasst, 12 in Venetien. Der Ausbruch in der Lombardei geht auf einen 38-Jährigen zurück, der seit Mittwoch schwer erkrankt in der Klinik der Kleinstadt Codogno behandelt und tags darauf positiv auf den Erreger getestet wurde. Zwei Todesfälle wurden mit dem Virus in Verbindung gebracht.

Bei einer am Donnerstag verstorbenen 77-Jährigen aus der Lombardei wurde Sars-CoV-2 posthum nachgewiesen, sie werde nun als Covid-19-Todesopfer geführt, auch wenn unklar sei, woran genau sie starb, teilte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera, mit. Die Lungenerkrankung gilt auch bei einem 78-Jährigen aus Venetien als mutmaßliche Todesursache, wie ein Sprecher des italienischen Zivilschutzes mitteilte. Der Erreger wurde demnach unter anderem bei der Frau und einer Tochter des am Freitag verstorbenen Mannes nachgewiesen.

In zehn Gemeinden der Lombardei wurden Schulen und ein Großteil der Geschäfte vorübergehend geschlossen. Rund 50.000 Einwohner sind aufgerufen, möglichst zuhause zu bleiben. Großveranstaltungen wie Gottesdienste, Karnevalsfeste und Sportevents wurden verboten. Auch in Venetien wurden Maßnahmen vorbereitet, die eine weitere Ausbreitung des Virus verhindern sollen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte kam zu Krisengesprächen mit der Zivilschutzbehörde des Landes zusammen.

Der schwer erkrankte 38-Jährige in Codogno könnte sich nach derzeitigem Entwicklungsstand bei einem Freund angesteckt haben, der am 21. Januar aus China zurückkehrt war, selbst allerdings keine Symptome gezeigt hatte. Für Venetien wurde eine Einschleppung durch dort arbeitende chinesische Geschäftsleute vermutet. Vor den Ausbrüchen in der Lombardei und Venetien waren in Italien erst drei Infektionen erfasst.

In Berlin landeten am Samstag sechs deutsche Passagiere der «Diamond Princess», die im japanischen Yokohama zwei Wochen unter Quarantäne gestanden hatte. Die Rückkehrer aus Berlin, Niedersachsen und Hessen sollen vorsorglich zwei Wochen in häuslicher Quarantäne bleiben, um sicher ausschließen zu können, dass die mit Sars-CoV-2 infiziert sind. 32 Briten und andere Europäer von dem Kreuzfahrtschiff, die am Samstag in London landeten, sollen 14 Tage in einem Krankenhaus in Quarantäne bleiben. Auch für 19 italienische Rückkehrer wurde eine solche Quarantäne in einem Militärkomplex in Rom angewiesen.

Zwar waren alle von Bord gehenden Reisenden in Japan negativ auf das Virus getestet worden, bei mindestens drei von ihnen wurde der Erreger in ihrem Heimatland später aber doch nachgewiesen. Am Samstag wurde ein solcher Fall dann auch aus Japan bekannt: Bei einer zunächst negativ auf Sars-CoV-2 getesteten Frau in ihren 60ern sei das Virus nachgewiesen worden, berichtete der Fernsehsender NHK. Die Regierung in Tokio hatte die Frau ebenso wie Hunderte andere japanische Passagiere mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren lassen und keine weitere Quarantäne angeordnet. Diese Entscheidung war unter Experten auf Unverständnis gestoßen.

Insgesamt haben sich nach derzeitigem Stand weit über 600 der 3.700 Passagiere und Crewmitglieder der «Diamond Princess» nachweislich mit dem Virus angesteckt. Zwei japanische Passagiere starben, ein infiziertes Ehepaar aus Hessen wurde zunächst noch in einer japanischen Klinik betreut. Die Infizierten vom Schiff nicht mitgerechnet haben sich in Japan inzwischen bereits mehr als 100 Menschen mit Sars-CoV-2 angesteckt, darunter auch Kinder.

Auch auf der koreanischen Halbinsel spitzt sich die Lage zu: Wie die Gesundheitsbehörden am Samstag mitteilten, wurden in Südkorea binnen eines Tages 229 weitere Ansteckungen mit Sars-CoV-2 nachgewiesen. Damit stieg die Zahl erfasster Fälle auf 433. In keinem anderen Land außerhalb Chinas, wo Covid-19 im Dezember ausgebrochen war, wurden bisher mehr Infektionen gemeldet. Bisher sind zwei Todesfälle erfasst. Über 6.000 Menschen stehen unter Quarantäne.

Die Mehrheit der neuen Fälle konzentriert sich auf die südöstliche Großstadt Daegu und deren Umgebung. Zu den Betroffenen gehören zahlreiche Mitglieder der Shincheonji Kirche Jesu. Als Ursprung gilt eine 61-jährige Anhängerin der christlichen Sekte, die trotz Krankheitssymptomen zunächst einen Virustest verweigert haben soll.

Im Iran, wo vom Gesundheitsministerium in kurzer Folge fünf Todesfälle bei Patienten mit Covid-19 gemeldet wurden, überschattete die Furcht vor dem Virus am Freitag die Parlamentswahl. In den Wahllokalen trugen viele Wähler und Wahlbeobachter Schutzmasken. Bis Samstag waren rund 30 Menschen positiv auf das Virus getestet worden, die tatsächliche Zahl Infizierter könnte aber weitaus höher liegen. In der Hauptstadt Teheran sind inzwischen in fast allen Drogerien, Apotheken und Supermärkten Desinfektionsmittel ausverkauft.

In China lag die Zahl in der offiziellen Statistik erfasster Infektionen am Samstag bei gut 76.000, mehr als 2.300 Menschen starben an der Lungenkrankheit. Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer in der Volksrepublik aus. Die mit Abstand meisten Todesfälle und Infektionen werden weiter aus der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei gemeldet, wo Covid-19 im Dezember in der Millionenstadt Wuhan ausgebrochen war.

Die Auswirkungen der Epidemie auf die chinesische Wirtschaft werden immer sichtbarer. Wie der chinesische Autoverband CPCA mitteilte, brachen die Verkäufe vom 1. bis 16. Februar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 92 Prozent ein. Waren 2019 in den ersten beiden Februarwochen noch 59.930 Autos verkauft worden, konnten die Händler jetzt nur noch 4909 Fahrzeuge absetzen.

Große Teile der chinesischen Wirtschaft sind wegen Covid-19 sowie den damit verbundenen Maßnahmen praktisch zum Erliegen gekommen. Für deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz, Audi, BMW, Volkswagen und Porsche ist China der wichtigste Markt. Bei VW steht die Volksrepublik für gut 40 Prozent der Auslieferungen. Und bei der Umstellung auf Elektro-Autos sind die Konzerne auf Batteriezellen aus China angewiesen.


Mehr Infizierte und wahrscheinlich zwei Tote

Italien zählt aktuell die meisten Infektionen mit dem Virus Sars-CoV-2 in Europa. In der Lombardei geht die Sorge vor einer Ausbreitung um, Karnevalsfeste werden verboten. Zwei Menschen sollen am Virus gestorben sein.

ROM (dpa) - Nach Bekanntwerden weiterer Infektionen und zweier Todesfälle wächst in Italien die Angst vor einer Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. Die Zahl bestätigter Infektionen mit dem Virus Sars-CoV-2 sei in Venetien auf zwölf gestiegen, berichtete der Präsident der Region, Luca Zaia, am Samstag. Nachgewiesen wurde der Erreger demnach unter anderem bei der Frau und einer Tochter des Mannes, der mutmaßlich Italiens erstes gemeldetes Covid-19-Todesopfer ist. Insgesamt waren am Samstag mehr als 50 Nachweise im Land erfasst.

Der italienische Zivilschutz sprach von einem zweiten Opfer, dessen Tod wohl auf die von Sars-CoV-2 verursachte Lungenerkrankung Covid-19 zurückzuführen sei. Beim ersten gemeldeten Toten handelt es sich um einen 78-Jährigen in Venetien, beim zweiten um eine Frau in der Lombardei. Der Rentner starb am Freitag, bevor eine abschließende Bestätigung einer Coronavirus-Infektion vorlag, wie es hieß. Bei einer am Donnerstag verstorbenen 77-Jährigen aus der Lombardei wurde Sars-CoV-2 posthum nachgewiesen, sie werde nun als Covid-19-Todesopfer geführt, auch wenn unklar sei, woran genau sie starb, teilte der Gesundheitsbeauftragte der Lombardei, Giulio Gallera, mit.

Am Morgen hatten Behörden noch zwei Infizierte in Venetien vermeldet und von insgesamt 29 jüngst erfassten Fällen in Italien gesprochen. Im weiteren Verlauf des Tages stiegen die Zahlen: In der nördlichen Region Lombardei seien Behörden zufolge statt vorher 27 mittlerweile 39 Menschen positiv auf das Virus getestet worden.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Italien damit aktuell das europäische Land mit den meisten Sars-CoV-2-Infizierten. In Deutschland wurden 16 Fälle gemeldet, in Frankreich sind 12 Fälle erfasst, darunter ein Todesfall.

In zehn Gemeinden der Lombardei wurden Schulen und ein Großteil der Geschäfte vorübergehend geschlossen. Rund 50.000 Einwohner sind aufgerufen, möglichst zuhause zu bleiben. Großveranstaltungen wie Gottesdienste, Karnevalsfeste und Sportevents wurden verboten. Auch in Venetien wurden Maßnahmen vorbereitet, die eine weitere Ausbreitung des Virus verhindern sollen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte kam zu Krisengesprächen mit der Zivilschutzbehörde des Landes zusammen. «Neue außergewöhnliche Maßnahmen» sollten erwogen werden, schrieb Conte auf Facebook.

Am Samstagmorgen landete in Rom ein Armeeflugzeug mit 19 Italienern, die an Bord des Kreuzfahrtschiffs «Diamond Princess» in Japan für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt worden waren. Sie werden nun in einem Militärkomplex in Rom unter Quarantäne gestellt. Unter den Passagieren der «Diamond Princess» hatte es hunderte Infizierte gegeben, zwei Japaner verstarben.

Gute Neuigkeiten kamen zu den drei ersten bekannten Infizierten in Italien - ein aus der stark von der Epidemie betroffenen chinesischen Stadt Wuhan heimgekehrter Italiener und ein älteres chinesisches Touristenpaar. Der Italiener habe sich von der Infektion erholt, seine Entlassung stehe bevor, teilte das behandelnde römische Spallanzani-Krankenhaus mit. Auch bei dem chinesischen Ehemann sei das Virus nicht mehr nachzuweisen.

Nach dem Nachweis bei dem Touristenpaar hatte Italien den Flugverkehr mit China ausgesetzt und am 31. Januar einen «Corona-Notstand» für sechs Monate erlassen - dadurch können Gelder zur Bekämpfung des Virus schneller fließen. Rom hielt am Landeverbot fest, auch als China und Länder Europas das als übertrieben kritisierten.

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