Baerbock trifft Israels Außenminister Katz

Lob für Palästinenser

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (L). Foto: epa/Khaled Elfiqi
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (L). Foto: epa/Khaled Elfiqi

JERUSALEM: Es ist der sechste Besuch der Außenministerin in Israel sei dem 7. Oktober. Das Treffen mit ihrem Kollegen Israel Katz dürfte nicht gerade harmonisch verlaufen. Auch wegen eines besonderen Signals.

Die UN-Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe in Gaza, mehr Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung, Rufe nach einer Zweistaatenlösung: Beim Treffen von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit ihrem israelischen Kollegen Israel Katz an diesem Dienstagmorgen in Jerusalem dürften gleich mehrere Streitpunkte hinter verschlossenen Türen angesprochen werden. Am Montagabend lobte die Grünen-Politikerin die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) nach einem Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas ausdrücklich für deren Beitrag zu der von Israel heftig kritisierten UN-Resolution. Katz dürfte das nicht gefallen.

Es ist der sechste Besuch der Außenministerin in Israel seit dem Massaker der Hamas und anderer Terroristen vom 7. Oktober. Baerbock sagte in Ramallah, mit der klaren Verurteilung des Hamas-Terrors habe die PA von Abbas «einen wichtigen Beitrag» zur Entscheidung des Weltsicherheitsrats in New York geleistet. Dem Aufruf an die Hamas, die Waffen niederzulegen, könne sie sich nur anschließen. Der eindringliche Appell der Weltgemeinschaft für eine Feuerpause sei überfällig gewesen. Wichtig seien auch die Forderungen nach einer Freilassung aller Geiseln in Gaza und zusätzlichen Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in dem dicht besiedelten Küstengebiet.

Baerbock: Palästinensische Autonomiebehörde braucht Zugang zu Gaza

Baerbock forderte, die 2007 gewaltsam von der islamistischen Hamas aus Gaza vertriebene und seither nur noch im Westjordanland herrschende PA müsse sich weiter reformieren. Sie brauche aber Zugang zu dem Küstengebiet «und die Gewissheit, dass Gaza und vor allen Dingen das Westjordanland eins sind». Der israelische Siedlungsbau reiße dabei immer «neue Lücken und damit auch Sicherheitsgefahren» auf. Baerbock kritisierte: «Das verbaut buchstäblich die Zweistaatenlösung. Das verbaut buchstäblich den Frieden.» Mit der Zweistaatenlösung ist die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert - was sowohl der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als auch die Hamas ablehnen.

Baerbock setzt sich zudem weiter dafür ein, dass gewalttätige radikale Siedler Konsequenzen spüren müssten. Medienberichten zufolge hat die israelische Zivilverwaltung 800 Hektar im Westjordanland zu israelischem Staatsland erklärt. Auf dem Gebiet sollen unter anderem Hunderte Siedlerwohnungen entstehen. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind nach internationalem Recht illegal.

Baerbocks Ungeduld dürfte gewachsen sein

Seit Wochen wirbt Baerbock für eine humanitäre Waffenruhe, damit die von der Hamas weiterhin festgehaltenen israelischen Geiseln freikommen und mehr Hilfslieferungen den Gazastreifen erreichen. Bei Netanjahu dringt sie damit offensichtlich nicht durch - ähnlich wie Vertreter der US-Regierung. Bei Baerbock dürfte die Ungeduld angesichts des von ihr immer wieder beklagten Leids der Zivilbevölkerung in Gaza gewachsen sein. Nach einem Treffen mit ihrem ägyptischen Kollegen Samih Schukri in Kairo hatte sie Israels Regierung am Montag erneut vor einer Bodenoffensive in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah gewarnt.

Israels Außenminister reagiert auf Forderung nach humanitärer Feuerpause

Schon vor dem Eintreffen Baerbocks in Israel reagierte Katz frostig, nachdem die Bundesaußenministerin Israel und die Hamas auf X (früher Twitter) zu einer sofortigen humanitären Feuerpause aufgerufen hatte, die zu einem Waffenstillstand führen solle. Katz entgegnete auf X: «Wir erwarten von unseren Freunden, dass sie Israel in diesen herausfordernden Zeiten weiterhin unterstützen und es nicht gegen die Terrororganisation Hamas schwächen.» Es gelte weiterhin zusammenzuarbeiten, um die humanitäre Hilfe für Gaza auszuweiten.

Im Gazastreifen leben rund 2,2 Millionen Menschen. Allein in Rafah im südlichen Teil des Küstengebiets suchen Schätzungen zufolge 1,5 Millionen von ihnen auf engstem Raum Schutz vor den Kämpfen in den anderen Teilen Gazas. Netanjahu zufolge hat die Armee Pläne ausgearbeitet, um die Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Zugleich gibt es Vorwürfe, seine Regierung verhindere oder verzögere mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen - was die israelische Seite zurückweist.

Baerbock fordert von Israel erneut Öffnung des Landweges für Hilfslieferungen

Die Außenministerin wies in Kairo nochmals darauf hin, dass Hilfslieferungen aus der Luft und über das Meer nur einen geringen Beitrag zur Versorgung der Menschen in Gaza leisten könnten. «Was wir brauchen, ist die Öffnung des Landweges.» Die israelische Regierung sei dafür verantwortlich, Zugang zu Nahrung und Wasser sowie sichere Fluchtorte zu garantieren. Baerbock hielt Israel vor, nicht konsequent zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterscheiden. Auch diese Vorwürfe dürften bei dem Treffen mit Katz zur Sprache kommen.

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