Baerbock: Flüchtlingshilfe für Jordanien ausweiten

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin von Deutschland, spricht während eine Pressekonferenz, die sie zusammen mit Ayman al-Safadi, Außenminister des Haschemitischen Königreichs Jordanien, gibt. Foto: Fabian Sommer/dpa
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin von Deutschland, spricht während eine Pressekonferenz, die sie zusammen mit Ayman al-Safadi, Außenminister des Haschemitischen Königreichs Jordanien, gibt. Foto: Fabian Sommer/dpa

AMMAN: Jordanien ist eines der wichtigsten Aufnahmeländer für Flüchtlinge in der Region. Auch für die neue Bundesregierung bleibt das Land Schlüsselpartner zur Lösung des Nahostkonflikts.

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich für eine Ausweitung der internationalen Flüchtlingshilfe für Jordanien stark gemacht. Wegen der Corona-Pandemie seien viele Schulen in Jordanien nicht nur für einige Wochen, sondern teils für 18 Monate geschlossen worden, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag beim Besuch einer Flüchtlingssiedlung in der Nähe der jordanischen Hauptstadt Amman. Mit der Leitung des Camps habe sie «darüber gesprochen, wie wir gerade Unterstützung im Bildungsbereich geben können, dass Kinder hier wieder zur Schule gehen».

Schon in Deutschland gebe es Probleme mit dem digitalen Lernen, in Jordanien funktioniere das gar nicht, sagte Baerbock. «Deswegen braucht es die Schule als Ort nicht nur des Lernens, vor allen Dingen als Ort des Miteinanders.» Es sei «wichtig, dass wir die internationale Hilfe nicht nur weiter fortführen, sondern weiter ausweiten, gerade auch im Rahmen der Vereinten Nationen». Was für Deutschland gelte, gelte auch in Jordanien: «Schule ist das Wichtigste, was Kinder brauchen.»

Berlin zweitgrößter humanitärer Geldgeber in Jordanien

Deutschland ist in Jordanien zweitgrößter humanitärer Geldgeber nach den USA. Das Land ist eines der wichtigsten Aufnahmeländer für Flüchtlinge in der Region. Nach Angaben der Bundesregierung leben dort mehr als 670.000 beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR registrierte syrische Flüchtlinge sowie Zehntausende Flüchtlinge vor allem aus dem Irak, dem Jemen und dem Sudan. Seit 2012 hat die Bundesregierung nach diesen Angaben rund 977 Millionen Euro für humanitäre Hilfe gezahlt, davon rund 135 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Baerbock nach Treffen mit Schülern: Lebenshunger beeindruckend

Viele der Schülerinnen und Schüler hätten deutlich gemacht, dass sie Ärzte werden wollten oder Polizisten, sagte Baerbock. «Sie wollen eigentlich am Leben hier teilhaben können. Und das müssen wir diesen Kindern als Zukunftschancen und Perspektiven geben.» Nach einem Gespräch mit ihrem Amtskollegen Aiman al-Safadi in Amman sagte sie, die Mädchen und Jungen «haben mich mit ihrem Lebenshunger wirklich beeindruckt, ihrer Neugier und ihrer Hoffnung auf eine gute Zukunft».

Gemeinsam mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) werde sie prüfen, wo Deutschland Jordanien und die UN-Hilfsprojekte stärker unterstützen könne. Dies gelte etwa im Bereich Elektrifizierung. «Hier scheint jetzt gerade die Sonne. Wir sehen, dass wir eigentlich viele Dächer hätten, wo wir Solar obendrauf packen könnten».

Die Flüchtlingssiedlung Talbieh

Die Flüchtlingssiedlung Talbieh war 1968 vom Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) im Zuge des Sechstagekriegs von 1967 für in Israel Vertriebene errichtet worden. Sie wird mit deutschen Geldern unterstützt. In dem ursprünglich für 5000 Geflüchtete gebauten Camp leben nach Darstellung des Auswärtigen Amtes derzeit etwa 9500 Menschen. In dem Lager verwaltet das UNRWA zwei Grundschulen und zwei bis zur 10. Klasse weiterführende Schulen sowie ein Gesundheitszentrum. Die Grundschulen werden mit deutschen Entwicklungsgeldern renoviert und erweitert.

Nahost-Friedensprozess

Deutschland und Jordanien wollen den Friedensprozess im Nahen Osten weiter gemeinsam vorantreiben, wie Baerbock und al-Safadi ankündigten. Die Ministerin räumte ein: «Wir wissen aber alle, dass der Weg dahin sehr weit und steinig ist.» Beide forderten erneut eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern.

Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem den Gazastreifen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. 2005 zog sich Israel aus dem Gazastreifen zurück. Die Palästinenser wollen die Gebiete für einen eigenen Staat Palästina - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Al-Safadi sagte, Deutschland spiele eine Hauptrolle in den Verhandlungen, um Israel und die Palästinenser wieder an Verhandlungstisch zurück zu bringen. Fehlende politische und wirtschaftliche Perspektiven für die Palästinenser stellten eine große Gefahr dar.

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