SARAJEVO/PARIS: Von der EU-Werbetour auf dem Westbalkan direkt nach Paris: Für Außenministerin Baerbock geht es auch dort vor allem um ein Signal der Geschlossenheit. Der Adressat sitzt in Moskau.
Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts von jüngsten deutsch-französischen Verstimmungen die Bedeutung der engen Kooperation zwischen Berlin und Paris betont. «Tiefe Freundschaft, Verbundenheit drückt sich nicht darin aus, dass man immer einer Meinung ist. Wenn man immer einer Meinung ist, dann stimmt irgendwas nicht», sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei einem Treffen mit dem Außenminister von Bosnien-Herzegowina, Elmedin Konakovic, in der Hauptstadt Sarajevo. Sie fügte hinzu: «Tiefe Freundschaft drückt sich vor allen Dingen darin aus, dass, wenn man unterschiedlicher Meinung ist, man weiter an einem Strang zieht und einen nichts trennen kann.»
Am Nachmittag kam Baerbock in Paris zu einem Arbeitstreffen mit ihrem französischen Kollegen Stéphane Séjourné zusammen. Dabei dürften auch die jüngsten Unstimmigkeiten zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Rolle gespielt haben. Scholz hatte kürzlich seine Linie verteidigt, keine Soldaten in die Ukraine zu entsenden. Er reagierte damit auf einen Vorstoß Macrons, der aufhorchen ließ, als er einen solchen Einsatz westlicher Bodentruppen nicht ausschloss. Auch der Abhörskandal bei der Bundeswehr dürfte in Paris zur Sprache gekommen sein. Über Ergebnisse des Treffens wurde zunächst nichts bekannt - eine Unterrichtung der Öffentlichkeit war nicht geplant.
Baerbock: Tiefe Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich
Die Bundesaußenministerin sprach davor bei ihrem Auftritt in Sarajevo von einer «tiefen Freundschaft» zwischen Deutschland und Frankreich. «Und deswegen ist es gerade in schwierigen Zeiten immer wieder wichtig, dass wir viel miteinander im Gespräch sind.» Thema des Gesprächs mit Séjourné sollten laut Baerbock neben der Lage auf dem westlichen Balkan auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und dessen Folgen sein sowie der Gaza-Krieg im Nahen Osten.
«Berlin und Paris ziehen auf Westbalkan an einem Strang»
Baerbock sagte in Sarajevo, Deutschland und Frankreich, aber auch andere europäische Länder wie Polen zögen mit Blick auf die EU-Beitrittsperspektive für den Westbalkan intensiv an einem Strang. Für alle sei klar: «Die Erweiterung ist eine geopolitische Notwendigkeit» - auch, weil man überzeugt sei, «dass es Europa stärker macht, wenn wir die sechs westlichen Balkanländer in der Zukunft in die Europäische Union bringen».
Baerbock macht Bosnien-Herzegowina Mut auf dem Weg in EU
Baerbock würdigte die Reformanstrengungen Bosnien-Herzegowinas und drückte ihre Hoffnung aus, dass das Balkanland bald Beitrittsverhandlungen mit der EU beginnen kann. «Das Land steht an einer entscheidenden Weggabelung», sagte sie bei dem Treffen mit Konakovic. Die Regierung in Sarajevo hofft, dass die EU-Kommission noch im März den Beginn von Beitrittsverhandlungen empfiehlt.
Mit Blick auf die Spaltungsbestrebungen im vorwiegend ethnisch-serbisch bevölkerten Landesteil, Republika Srpska (RS), betonte Baerbock: «Wir wollen, dass Bosnien und Herzegowina als ganzes Land in die Europäische Union geht.» RS wird vom serbischen Nationalisten Milorad Dodik als Präsident geführt, der auch offen gute Beziehungen mit Kremlchef Wladimir Putin pflegt. «Spaltungsfantasien, die auf diesem Weg Steine für die Menschen hier in Bosnien und Herzegowina auf ihrem Weg in die europäische Integration entgegen legen, die werden wir klar benennen», betonte die Ministerin.
Konakovic: Wollen europäischen Weg schneller als je fortsetzen
Konakovic räumte ein, Korruption sei «das größte Problem» im Land. Man sei dabei, mit der Schaffung eines Gesetzes zum Umgang mit Interessenkonflikten eine weitere wichtige Forderung der EU umzusetzen. Im Februar hatte Bosnien-Herzegowina zudem mit einem neuen Gesetz zum Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung eine weitere Bedingung erfüllt, die Brüssel gestellt hatte. Dies «zeigt unsere Bereitschaft und unser Engagement, den europäischen Weg schneller als je zuvor fortzusetzen», sagte Konakovic.
Bosnien-Herzegowina ist seit dem 15. Dezember 2022 offizieller EU-Beitrittskandidat. Der nächste Schritt wäre die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Diese muss der Europäische Rat einstimmig beschließen, falls die EU-Kommission das empfiehlt. Die Kommission hat angekündigt, bis März einen Bericht über die Reformschritte vorzulegen.